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Oktober 2006 – Teil2

Ich hoffe, ich kriege noch alles zusammen…

Nachdem ich mich hier zehn Tage lang eingelebt hatte, bin ich erstmal wieder nach Hause geflogen, genauer gesagt nach Hahn, von wo mich meine Familie abgeholt hat, um mich zu unserem Familientreffen in die Nähe von Freiburg zu fahren. Das war ein sehr lustiges Wochenende mit Hausdrachen, Sauf-Liedern, einer Waldwanderung, Kegeln, und noch viel mehr mit Verwandten aus der ganzen Welt: die meisten natürlich aus Deutschland, aber wir haben auch ein paar Großcousins in der Schweiz und in Kanada (und ich glaube auch in Holland, aber da bin ich mir nicht mehr ganz sicher, vielleicht sind die auch nur eingeheiratet).

Nach einer Schicht im Aggua am Sonntag und einem Zahnarztbesuch am Montag Morgen ging es dann los: Die große Fahrt nach Bratislava! Den ganzen Vormittag über packte ich mein Auto. Schließlich musste alles da rein, was ich bis Weihnachten brauche. Ein paar Kleinigkeiten, ok, aber ein DJ-Mischpult ist schwierig im Flugzeug zu transportieren, und dann auch etwas teuer… Während dieser Aktion hörte ich Radio, denn Computer und Musikanlage waren ja schon abgebaut, und was musste ich da vernehmen? Fliegerbombe an der A3 bei Aschaffenburg hochgegangen. Ein Bauarbeiter tot und die A3 in beide Richtungen gesperrt! Bitte? Das war meine Autobahn! Na super! Und zu meinem Entsetzen musste ich feststellen, dass es in der Umgebung dort keine vernünftige Umgehung gibt, außer Landstraße natürlich. Immerhin gaben sie etwas später durch, dass die Sperrung nur ein paar Stunden andauern würde, bis die Spurensicherung durch und die Bergungsarbeiten abgeschlossen wären. Also noch schnell zu meiner Oma, mich verabschieden, und dann ab auf die Autobahn.

Mein vollbepacktes Auto (Rückbank und Kofferraum)

Während der Fahrt Richtung Frankfurt gaben sie durch, dass die Vollsperrung aufgehoben sei, der Verkehr abfliessen würde und ansonsten die A3 frei wäre. Sehr schön! Leider war kurz hinter Frankfurt Schluss mit der freien Fahrt. Plötzlich stoppte der Verkehr und es rauschte ein Krankenwagen nach dem nächsten durch die in der Mitte gebildete Gasse, gefolgt von noch mehr Polizei und Feuerwehr. Nur ein paar Hundert Meter vor uns war ein Lkw in zwei Pannen-Fahrzeuge auf dem Seitenstreifen gerast und hatte ein großes Chaos angerichtet. Das sah ich aber erst etwa anderthalb Stunden später, als die Polizei endlich eine Spur öffnete und wir weiter fahren konnten. Dafür war die Autobahn jetzt wirklich absolut frei, ich hatte dank der angenehmen Außentemperaturen schon eine ausgiebige Rast hinter mir und so fuhr ich durch bis Regensburg, wo ich dann auch mal sowohl das Auto als auch meinen Magen voll tanken konnte.

Die restliche Fahrt war relativ unspektakulär. Ich hielt noch an der deutsch-österreichischen Grenze, wo ich die obligatorische Vignette und einen Four-Pack RedBull kaufte und fuhr über Linz und Wien bis in die Slowakei. Das letzte Stück in Österreich war leider nur Landstraße, aber um die Uhrzeit kam ich da auch zügig voran. Und so landete ich schließlich nach etwa 980 km und elf Stunden Fahrt in meinem Studentenwohnheim, nicht ohne vorher noch ein paar fiese Schlaglöcher in Bratislava mitnehmen zu müssen. Die Straßen sind hier teilweise leider in einem nicht so guten Zustand…

Ankunft in Bratislava: Novy Most und die Krönungskirche

 Am Dienstag richtete ich mich dann ganz gemütlich in meiner Zimmerhälfte ein (Computer, DJ-Pult, Musikanlage usw…) und am Mittwoch ging es weiter zur BauFak (Bau-Fachschaften-Konferenz) zurück nach Deutschland, nämlich nach Dresden. Ich nahm noch zwei Slowaken (Michal und Gabi) mit, und so präsentierten wir zu dritt die Deutsch sprechende Fachschaft der STU Bratislava. Auf dem Weg dorthin (ist übrigens von hier näher als von Köln aus!) fuhren wir durch ein tschechisches Dorf nahe der deutschen Grenze. Dort sah ich zum ersten Mal, was ich bisher nur aus diversen Zeitschriften oder aus dem Fernsehen kannte. Ein Puff neben dem anderen, dazwischen Sauna-Clubs und Geldwechselstuben. Auf den Straßen Schulter an Schulter die Nutten und vor und hinter dem Ort kleine Bretterbuden mit Schaufenster, in denen sich die Mädels an Stangen räkelten. Wow! Das hatte ich echt nicht erwartet! Ich war ehrlich gesagt schockiert, vor allem weil in den Seitenstraßen scheinbar der ganz normale Alltag herrschte. Kinder kamen von der Schule nach Hause, Frauen lehnten sich aus dem Fenster, um mit den Nachbarn zu tratschen und Männer kehrten das Laub vom Bürgersteig. Was für ein Kontrast!

Michal und Gabi auf dem Weg zur BauFak

Auf der Baufak wurde vier Tage lang viel gearbeitet, diskutiert, debattiert und natürlich auch gefeiert, so dass wir am Sonntag schon ziemlich fertig waren. Immerhin brachte jede Fachschaft eine Kiste Bier aus der eigenen Stadt mit, dass auf der Abschluss-Party am Samstag Abend verköstigt wurde. Interessanterweise ging das „Zlaty Bazant“ aus Bratislava am schnellsten weg. Noch vor dem Tschechischen „Pilsner Urquell“! Trotz der Müdigkeit ließen wir es uns aber dennoch nicht nehmen, auf dem Rückweg einen Abstecher nach Prag zu machen, wo Gabis Schwester Psychologie studiert. Wir mussten uns allerdings durchfragen, um zum Treffpunkt zu gelangen, nur waren die Passanten zu 100% alle Touristen: die ersten waren Deutsche, die nächsten Engländer und die dritte Gruppe kam aus Dänemark! Na ja, wir fanden trotzdem zum Busbahnhof und tranken einen gemütlichen Kaffee in einem Café, das sich „Therapie“ nannte. Na ja, Gabis Schwester studiert ja schließlich Psychologie. Von der Stadt selber sahen wir leider nicht wirklich viel, aber das, was wir sahen, war schon sehr schön. Vielleicht werd ich da demnächst mal ein Wochenende hinfahren…

Das Plenum auf der BauFak: In engen Reihen wird heiß debattiert!

Ja, und dann war der Oktober auch schon zu Ende… Na ja, fast. Schließlich gab es ja noch den 31.10. Das Reinfeiern in Allerheiligen, auch Halloween genannt. Ich war gerade mit meiner Mutter am telefonieren, da stürmte der Peter von zwei Zimmern weiter ins Zimmer. Ich müsse mich sofort anziehen, in zwei Minuten müssten wir los! Na gut, ich beendete das Telefonat (da hatte ich ja auch noch keine slowakische Nummer und es wär eh teuer geworden), machte mich fertig, und wir gingen los. Daniel wollte nicht mit, aber ich glaube, der feiert eh nicht so gerne. Erst trafen wir uns mit ein paar seiner Leute in einem Pub zum „Vor-Glühen“ und dann fuhren wir mit zwei Taxen in ein anderes Studentenwohnheim am anderen Ende der Stadt, wo eine große Halloween-Party geschmissen wurde. Die kostete sogar Eintritt (50 Kronen?), aber das Bier war wie immer billig! Obwohl ich zum Feiern lieber Be-Ton trinke. Egal, irgendwann endete die Nacht wegen einer Ex-Beziehungskrise. Also wir hatten ein Ex-Pärchen dabei, die zwar noch zusammen eine Wohnung haben, sich aber eigentlich nicht mehr so gut verstehen, auch schon seit einiger Zeit auseinander sind und trotzdem zusammen Halloween feiern, weil sie ja noch einen gemeinsamen Freundeskreis haben! Woher kenn ich das bloß? Ich dachte, nur wir Deutschen wären so bekloppt! Ich rate euch: Hütet euch vor… Ach nein, ich rate euch lieber nichts, sonst trete ich zu vielen Leuten auf den Schlips!

Peter hat noch etwas vor! Und mein Be-Ton (Becherovka + Tonic)

So, genug erzählt! Den Rest kennt ihr schon. Und mehr kommt erst noch…

Zwei Tage in Florenz

Ich bin Freitag in Arezzo angekommen. Gestern bin ich, nach einem fantastischen Mittagessen bei Nonna, mit der Regionalbahn nach Florenz zu meiner Tante Mena gefahren. Dort ist zurzeit mein Bruder und macht Sprachurlaub bei einem heißen Italiener namens Francesco. Mhh… war der lecker, aber leider 15 Jahre zu alt für mich…

Wir haben das „kleine Finale“ auf einer riesigen PSP gesehen, die an einem alten Stadttor direkt neben dem Arno aufgebaut wurde. Aber vorher mussten wir uns mit einem Stück Pizza stärken und natürlich die Stadt angucken. Vom Piazzale Michelangelo konnte man fast bis nach Bonn gucken, aber die Sonne und Andrés Schönheit haben mich zu sehr geblendet.

3:1, cooles Ergebnis. Obwohl ich 3:0 getippt hatte. Der Japaner hatte nur ein 2:0 für Deutschland vorausgesagt. Und Schweini sah ohne Trikot noch viel besser aus als sonst. Und der doofe Schiri war so neidisch, dass er ihm dafür direkt mal ne gelbe Karte gegeben hat. So ein Doof!

Nachher sind wir feiern gegangen. Es gab ein Straßenfest von Francescos Freundinnen und Freunden mit Live-Band, Longdrinks mit guter Mischung und einem besoffenen DJ, der trotz Alki noch ganz gut tanzen konnte. Francesco wurde erstmal von zwei Spanierinnen geduscht, wo er dachte, dass noch was geht. Aber sie haben ihn nur verarscht… Sehr lustig! Die Polizei hat mal wieder den Spielverderber gemacht und die Veranstaltung gegen halb zwei aufgelöst. Wie hummelig!

Gleich nehm ich den Zug, um in Arezzo mit Babbo Toni und den Rackern das große Finale zu schauen. Ist ja klar, wer Weltmeister wird: Allez les bleus! (Nur Spaß!: Forza Azzurri!)

Arrivederci, Miriam (Schwester)

Der große Kater

Was soll ich schreiben? Deutschland spielt nicht im Finale! Und hier war die Hölle los…

Dienstag war ich erst mit Francesco im Schwimmbad. Danach habe ich mich fein gemacht und wir sind nach Sesto Fiorentino – einem Vorort von Florenz – gefahren, wo die Leute von Francescos Verein in einem Park eine Leinwand mit Bar und Sitzen davor aufgebaut hatten. Vor, während und nach dem Spiel gab’s Musik –Swing, Canti Italiani und Ähnliches – und generell war da auch ganz gut was los. Ich hatte erwartet, dass es auch was zu essen gibt und hatte vorher noch nichts im Magen, aber sie hatten dort nur einen kleinen Aperitivo: Nachos, Oliven, saure Gürkchen, eingelegte Tomaten etc. Sehr lecker, aber nicht sehr sättigend, und ich brauchte doch eine Grundlage! Und die Longdrinks hatten es dort auch gut in sich!

Ich hatte mein Italien-Shirt drunter und das Deutschland-Trikot darüber angezogen. Francesco und ich waren dort die einzigen, die für Deutschland hielten. Ich hatte aber immer die guten Aktionen beider Mannschaften beklatscht – was mir das Gelaechter meiner Sitznachbarn einbrachte („Grande Cannavaro“ und „Super-Lehmann“) – während Francesco behauptete, er könne für diese Italienische Mannschaft nicht jubeln (zu viel Juve und Skandal im Spiel – Juve soll wahrscheinlich in die dritte Liga Zwangsabsteigen). Bis zur 119. Minute sah es so aus, als ob das Spiel meinem Empfinden entsprechen würde, und dann: PENG – PENG! Doppel-Klatsche! Grosso, Del Piero – aus! Ich war wirklich schockiert! Kein „It’s your Heimspiel“ mehr und kein 4. WM-Titel für Deutschland! Francesco war außer sich. Er trat einen Plastikstuhl so heftig, dass er bestimmt zwanzig Meter weit flog. Die Italiener konnten sich auch nicht mehr halten. Die DJs legten auf und wirklich alle (außer Francesco – selbst Giuglia konnte den armen Mann nicht trösten) tanzten wie verrückt auf dem Rasen herum und betranken sich an ihren Gefühlen.

Francesco montierte später seine Fahne trotzig an seinem Dachgepäckträger und fuhr mit uns in die Stadt. Das brachte uns in mehrere brenzlige Situationen, als alkoholisierte Italiener versuchten diese zu klauen und zu verbrennen. Zum Glück hatte ich mein Italien-Shirt an! Francesco fuhr erst Giuglia und ihre Cousinen nach Hause und ließ sich dann von mir überreden, noch ins Zentrum mitzukommen und den Italienischen Sieg zu feiern. Wir trafen uns mit den anderen Deutschen in einem Pub, tranken ein paar Longdrinks und zogen mit zig-tausenden jubelnden und grölenden Italienern durch die Straßen von Florenz. Francesco verabschiedete sich gegen halb drei (glaube ich), weil er gestern trotz allem arbeiten ging. Ich „musste“ bis 7 Uhr durchfeiern, weil um acht Handwerker zu uns kamen. Mit weiteren zwei Flaschen Weiß-Wein und genug feierfreudigen Menschen in der Stadt war das auch kein Problem.

Stark alkoholisiert trat ich gegen halb acht meinen Heimweg an. In den Bars frühstückte die arbeitende Bevölkerung und schüttelte nur den Kopf über einen mit glasigen Augen im Zickzack laufenden Tifoso, der – weil es schon so warm war – sein Italien-Shirt geschultert hatte und früh am Morgen seinen prächtigen Bauch der Öffentlichkeit präsentierte… Im Bus traf ich Marianna, unsere Putzfrau, die auch nur lachte, als ich ihr erzählte, warum ich so früh noch unterwegs war. Zu hause warteten auch schon die Handwerker auf mich. Ich ließ sie rein und legte mich auf die Couch, auf der ich innerhalb kürzester Zeit friedlich einschlummerte. Zum Glück schaute unser Nachbar ab und zu nach dem Rechten – ich war dazu nicht mehr in der Lage. Ach ja, und Mena rief gegen 9 an. Sie hatte sich Sorgen gemacht, weil ich noch nicht zurück war, als sie aus dem Haus ging. Sie hatte schon bei Bruna im Büro angerufen, und gefragt, ob der Francesco bei der Arbeit wär – sie arbeiten ja zusammen – und der hatte ihr zum Glück gesagt, dass sie sich keine Sorgen machen solle, mir würde es gut gehen.

Gegen 12 kam dann Marianna und ich konnte endlich ins Bett. Die Handwerker hauten um eins ab, ich schlief nur bis um zwei, und traf mich dann mit Francesco wieder im Schwimmbad, wo ich noch ein bisschen in der Sonne ratzte. Mir ging es den ganzen Tag lang so übel! Ich hatte einen Riesen-Kater und konnte bis zum Nachmittag keine feste Nahrung zu mir nehmen. Selbst der Konsum von kaltem, klaren Wasser bereitete mir ein flaues Gefühl im Magen. Aber ich hatte ja auch gut gebechert: Einen halben Liter Bier, insgesamt vier ganz schön ordentlich gemixte Wodka-Lemon und zum Schluss ungefähr noch eine Flasche Wein. Eine ungesunde Kombination!

Viel mehr war nicht. Doch! Ich hab endlich meine Fotos abholen können nach dem Schwimmbad. Sie waren tatsächlich fertig! Ich hab sie auch direkt eingescannt und stell sie gleich auch in die Galerie… Danach noch ein Abendessen bei Bruna und Mario mit interessanten Meeresfrüchten in der Pasta und Muscheln hinterher – ich weiß nicht, wieso mir da nicht wieder schlecht wurde, aber ich konnte das Alles ohne Probleme essen – und das zweite Halbfinalspiel auf Großleinwand. Schade, ich hätte gerne Portugal im Finale gesehen. Wer weiß jetzt, wie die WM ausgeht? Vorher war klar: Wir sind Weltmeister, aber jetzt? Kommt immer Alles anders als man denkt…

Jetzt sind wieder die Handwerker da, aber ich war ja früh im Bett und konnte ohne Probleme um 8 die Tür aufmachen. Ist erstmal nix mit innerem Wecker. Morgen vielleicht wieder…

So, eine Woche noch, Jungs und Mädels! Dann geht’s wieder zurück in die Heimat. Kein Lampredotto und kein dolce Vita mehr. Dann gibt’s wieder gute deutsche Kost und deutsche Ordnung. So wie ich nun einmal bin und ihr mich kennt 😉 Aber eins muss ich sagen: Die Italienische Bahn ist pünktlich. Trotz dolce Vita und akademischer Viertelstunde! Nicht so wie unsere DB…

Ein volles Wochenende

Was für ein Wochenende! Ich bin kaum zur Ruhe gekommen. Aber es war ja auch voller Erlebnisse! Und ich musste euch leider ein bisschen im Stich lassen. Aber ich habe gehört, dass der Sommer sich in Deutschland endlich breit gemacht hat, und da hattet ihr an diesem Super-Sonne-Wochenende sicherlich auch besseres zu tun, als vor dem Computer zu hocken und von der Sonne in Italien zu lesen…

Am Freitag hat es sich also bewahrheitet: Wir fahren nach Berlin. Also Italien oder Deutschland, das steht schon mal fest. Und wo wir schon so gut spielen, werden wir auch Weltmeister! Aber ich muss ja ganz ehrlich sagen, ich glaube Deutschland macht es. Auch wenn sie sich gegen Argentinien so ausgepowert haben, und Italien frisch aufgespielt hat gegen die Ukraine; „wir“ haben den Heimvorteil. Ja, und so habe ich also erst mit den Leuten von der Sprachschule das Deutschland-Spiel von einem schattigen Plätzchen aus auf meiner geliebten Großleinwand angeschaut und habe fast einen Herzinfarkt erlitten, so spannend war die Partie. Um uns herum lauter Argentinien-Sympathisanten, die nach dem 1:0 laut Stimmung gegen Deutschland gemacht haben, und die anderen Deutschen in der prallen Sonne, die lautstark dagegen gehalten haben. Dann das 1:1, wunderschön durch Klose, und es war totenstill um uns herum. (Ich hatte vorher noch zu meiner Nachbarin gesagt: „Die wissen halt noch nicht, dass sie verlieren werden.“) Und dann Super-Lehmann mit zwei gehaltenen Elfmetern! Was für eine Spannung auf dem Feld. Danach gab’s leider nicht nur auf dem Spielfeld, sondern auch bei uns ein paar randalierende Argentinier, die sich aber zum Glück recht schnell beruhigten. Dafür aber umso größere Freude auf unserer Seite. Mit Fahnen und Tröten und Gesang! Lukas Podolski! Und Deutschland – Deutschland! Sind doch einige Deutsche hier in Florenz…

Plötzlich merkten wir, dass um uns herum Decken ausgebreitet und Plätze reserviert wurden. Na klar, war ja auch schon fast acht, und das Italien-Spiel fing um neun an. Ich hatte zum Glück auch zwei Handtücher dabei, und so reservierten wir auch unseren Platz, während ich mit einer Süd-deutschen Pizza und Bier holen ging. Es gesellten sich noch ein paar Florentinische Bekannte von mir dazu, und wir sahen ein schönes Spiel auf Italienischer Seite. Danach ging hier richtig die Post ab! So viele Menschen! Ich weiß gar nicht, wo die alle herkamen. Die ganze Stadt war voll von feiernden Menschen. Wir zogen dann noch in ein Pub und tranken bis in den frühen Morgen auf unsere beiden erfolgreichen Teams. (Ich glaube, die Kirsten hat auch ein bisschen was fürs Internet-Radio aufgenommen. Vielleicht kann man uns ja jubeln hören… Wie gesagt: www.kiza.de)

Samstag holte mich dann Francesco aus meinem wohlverdienten Schlaf. Er rief gegen Elf an und fragte, ob ich Lust auf Schwimmbad hätte. Er wär gegen eins da. Ok, ich schmiss mich noch mal ins Bett und erwachte um eins. Mist, wollte doch schon da sein… Also schnell Tasche packen und ab in den Bus. Dort erhielt ich dann eine SMS von Francesco, dass es etwas später werden würde, er wär so gegen zwei erst da… Sehr sympathisch dieser Mann! So war ich sogar kurz vor ihm da und konnte mir noch ein Panino und ein Bier an der Bar holen. Wir waren zur Abwechslung mal wieder nur zu zweit, und so konnten wir ganz ungestört ein paar Männergespräche führen. Die wichtigen Dinge halt: Politik, Der Sinn des Lebens, Trinken, Frauen, Autos usw… und Giuglia natürlich! Was für eine Tele-Novelle! Jeden Tag hört es spannend auf, und man muss am nächsten Tag wieder einschalten, um nichts zu verpassen!

Ich musste schon relativ früh wieder nach Haus, denn wir hatten noch eine zweite Überraschung für meine Nonna. Sie hatte uns alle am Samstag zur Cena eingeladen (wegen ihrem Geburtstag), aber wir haben alle gesagt, wir hätten was zu tun und könnten leider nicht. Und dann als sie Samstag in der Abendmesse war, sind wir mit dem Abendessen aus Florenz gekommen, haben alles bei der Maurizia aufgebaut und ihr eine Überraschungs-Cena bereitet. So ist sie, meine Familie. Immer für einen Spaß zu haben. Dadurch habe ich leider den schönen Sieg der Portugiesen verpasst. Na wenigstens haben wir uns noch anschauen können, wie Henry die Brasilianer aus der WM geschossen hat! Andrea und ich haben das Spiel auf der Playstation nachgespielt, und haben mit Frankreich im Elfmeterschießen gewonnen. Also eine eindeutige Sache! Ich tippe auf das Final-Spiel Deutschland gegen Frankreich, und da wird es 2:0 für Deutschland ausgehen. (Mein erster WM-Tipp)

Danach (wieder in Florenz) bin ich mit ein paar Leuten in eine Tanzbar namens „Slowly“ gegangen. Endlich mal House-Musik und Cocktails! Sogar zu einem moderaten Preis (je 7Euro) – für Florentiner Verhältnisse. Hier in Florenz machen sie angeblich den besten Erdbeer-Caipiroska. Er ist wirklich gut. Nicht zu süß und nicht zu bitter. Eine gute Mischung. Da war dann noch ein Florentiner dabei, der Buch über die Mädchen führt, die er schon im Bett hatte. Mit Foto, Beschreibung und Sätzen wie „Die Beste“ oder „Konnte gut blasen“ Und dieses Buch zeigt er dann den Mädchen, die er kennen lernt… Ein sehr verrückter Kerl! Und da sag noch jemand, ich wäre durchgedreht!

Heute hab ich wieder lang geschlafen. Wie ihr vielleicht gemerkt habt, schaffe ich es wenigstens am Wochenende meinen inneren Wecker zu ignorieren, und bis mittags zu schlafen. Mena und Lorenzo waren wieder bei seiner Mutter, und ich hab wie letzte Woche einen Gammel-Sonntag gemacht. Dachte ich erst! Ich war keine Stunde mit Musik, Buch und Schreibblock im Garten der Villa Stibbert, da klingelte mein Handy. Ich hatte irgendwann mal erwähnt, dass ich das Ding loswerden wollte, oder? Ja, ich will immer noch! Es war – wer sonst? – Francesco, und fragte, ob ich mit ihm, Giuglia – wem sonst? – und ihren beiden Cousinen aus Kanada auf ein Jazz-Konzert in einem Amphitheater in Fiesole fahren möchte. Ein schöner Mix: Zwei Italiener, die Italienisch, Deutsch und ein bisschen Englisch können, ein Halb-Italiener, der Deutsch, Englisch und Italienisch kann, und zwei Kanadierinnen, die Englisch, Französisch und ein bisschen Italienisch können. Es gab dann immer so schöne Sätze wie: „Andiamo in una Gelateria, um ein Ice-Cream zu holen.“

Ach so, das Konzert war fantastisch! Fiesole liegt in den Bergen über Florenz mit 1A-Panoramablick über die Stadt! Der Klang im Amphitheater war einzigartig, und die Musiker – eine Dreier-Combo bestehend aus einem italienischen Pianisten und zwei Dänen an Kontrabass und Schlagzeug – waren verdammt gut, mit klasse Musik und lustiger Show. Vor allem wenn der Italiener versuchte, einen Dänischen Titel anzusagen… Danach holten wir uns noch ein Eis in Florenz. Leider nicht bei De Medici – dort gibt es das beste Eis Florenzes, aber die hatten schon zu – sondern hier bei mir um die Ecke. Francesco brachte erst mich und dann die beiden Cousinen nach Hause. Was jetzt gerade passiert werde ich dann morgen erfahren. Die Tele-Novelle geht weiter!

So far – gute Nacht und eine sonnige Woche. Hab euch alle lieb!

Prussiana

Gestern hat mich Francesco schon um halb zwei abgeholt, und wir sind in den Poggetto schwimmen gefahren, wo ich am Freitag schon war. Wir haben uns dort mit Fabio getroffen, bei dem wir schon das Spiel Italien gegen die USA vorletzte Woche Samstag geguckt hatten. Die beiden brachten mir eine neue Vokabel bei: prussiano (preußisch) bzw. piscina prussiana (preußisches Schwimmbad); denn man durfte echt nichts in diesem Schwimmbad machen. Da gerade Vereinssport angesagt war, durfte man nur mit Badekappe ins Becken, aber Francesco und ich hatten natürlich keine. Außerdem durfte man von keiner Seite vom Beckenrand springen. Es gab keine Liegewiese, nur harten Stein, wo man sich sonnen konnte, aber die Schuhe musste man in der Umkleide lassen.

Wir holten uns an der Bar ein Eis und was zu trinken, aber das durften wir auch nicht am Handtuch, sondern nur an der Bar. Na ja, Fabio hat mir dann einmal seine fesche Bademütze ausgeliehen, und ich bin ein paar Bahnen geschwommen, aber ich konnte es mir nicht verkneifen, einmal einen geschmeidigen Kopfsprung zu machen. Hat aber auch niemand was gesagt. Irgendwann fing ein Wassergymnastik-Kurs an und wir wurden gebeten, die Anlage zu verlassen. Da durfte dann niemand anderes mehr da sein… Ach ja, sie hatten uns zwischendurch auf die Hausordnung aufmerksam gemacht, die an der Kasse aushängt. Die haben wir uns dann danach mal angeschaut. Hehe, wir haben bestimmt gegen die Hälfte der Regeln verstoßen! Z.B. habe ich endlich mal wieder Fotos gemacht, Francesco hat am Handtuch geraucht, ich habe mich auf dem Handtuch umgezogen statt in der Umkleide, usw. Wirklich zu lustig.

Danach kam Francesco noch mit zu mir, und wir setzen uns mit einem Bierchen bei uns auf die Terrasse und er erzählte ein bisschen von Giuglia. Der Arme! Sie hat ihm gesagt, dass sie ihn nie geliebt hat, sondern sich nur körperlich zu ihm hingezogen fühlte, aber das ist ja eigentlich auch ein Kompliment. Jetzt ist also definitiv Schluss. Aber Francesco hatte schon gestern Abend ein neues Date, also muss ich mir keine Sorgen um ihn machen.

Mena und Lorenzo waren gestern zur Cena bei Freunden, und so ging ich vorher mit den beiden noch Einkaufen, damit ich mir noch was Leckeres kochen konnte. Es gab ein schönes Stück Fleisch in der Pfanne gebraten, mit Pommes und Spinat, also nichts Aufregendes. Aber danach gab’s Open-Air-Kino im Poggetto. Ich schaute mir da – leider allein (obwohl, vielleicht besser) – „Memorie di una Geisha“ an. Ein sehr beeindruckender Film. Und ich bin sehr stolz auf mich. Ich habe wirklich fast alles verstanden. Selbst den Passagen, wo die Geisha mit der Sprache gespielt hat, um ihre Konkurrentin auszuspielen, konnte ich ohne große Probleme folgen. Der Film war sehr lang, und so war ich erst um eins aus dem Kino, und Francesco schrieb auch, dass er schon im Bett wär (ein Sprachspiel? Alleine oder mit dem Date?), und so ging ich auch nach Hause.

Villa Stibbert

Gestern habe ich endlich mal ein bisschen Kultur gemacht. Ich habe mir die Villa von Herrn Stibbert – einem Multimillionär und Sammler Ende des 19.Jhd. – angeschaut. Er hat dort eine beeindruckend große Waffen- und Rüstungssammlung, sowie Porzellan aus vielen Teilen der Erde und mehreren Zeitepochen angesammelt. Außerdem wurde ein großer Teil der Villa so erhalten, wie sie nach seinem Tod irgendwann um die Jahrhundertwende herum ausgesehen hat. Und zu guter Letzt befindet sich dort momentan auch eine Wanderausstellung mit Bildern und anderen Kunstwerken von der jetzigen Königin Maria Margarete II von Dänemark.

Ich bin wie immer um halb elf aus dem Bett, hab allerdings nicht gefrühstückt, weil ich noch keinen Hunger hatte und bin dann recht bald zur Villa Stibbert gezogen, weil sie nur bis um zwei auf hat, aber sie ist ja auch hier direkt um die Ecke. Ich war scheinbar der einzige Besucher um diese Zeit, und so hatte ich immer eine persönliche Begleitung dabei – man wird dort immer von Raum zu Raum geführt, was natürlich sehr gut ist, weil man immer mal wieder nachfragen kann, was dieses und jenes bedeutet. Also, die Waffen und Rüstungen haben mich natürlich am meisten interessiert. Dieser Stibbert hat echt nen ganzen Haufen Metall zusammengetragen…

Ich glaube Robert Jordan – der Autor vom Rad der Zeit – war hier, bevor er seine Bücher geschrieben hat. Mich hat es auf jeden Fall fürs Rollenspiel mächtig inspiriert. Also, wer auf Mittelalter steht, sollte unbedingt mal in die Toskana fahren, und sich diese Villa Stibbert und das mittelalterliche Foltermuseum in S. Gimminiano (oder so ähnlich) anschauen! Das Porzellan war zwar ganz nett, aber nicht sonderlich erregend. Der Originalteil der Villa dafür umso interessanter. Der Stibbert muss echt ein Vermögen besessen haben, so prunkvoll wie er gelebt hat. Aber sein Schlafzimmer war neben dem von seiner Mutter. Und verheiratet war er auch nicht… Dafür gibt es jede Menge Portraits von seiner Mutter und seinen beiden Schwestern im Haus verteilt. Wer weiß, was sich da abgespielt hat… Aufgrund meiner persönlichen Begleitung konnte ich leider nichts fotografieren, aber ich habe ein paar Bilder vom Prospekt eingescannt. Und nachher bin ich noch im riesigen Garten der Villa – heute ein öffentlicher Park – spazieren gegangen und hab da ein paar Fotos geschossen.

Ja, und den Film hab ich gleich am Nachmittag zum superottico zum Entwickeln gebracht und hab mir auch direkt nen neuen Film gekauft. Die werden morgen fertig sein. Und davor hab ich mir zu Hause ein paar äußerst gut schmeckende Ravioli mit Ricotta-Spinat-Füllung und Schinken-Mozzarella-Sahne-Sauce gemacht.

Danach ging’s zum Spiel. Was für eine miese Partie! Und was für ein glückliches Ende… Wir haben echt bis zur letzten Minute gezittert, aber dann wurde noch lange gefeiert, mit Wein, Bier und langen Auto-Korsos. Und das alles bei unmenschlichen 35 Grad im Schatten (um 19Uhr!). Danach schnell nach Hause, duschen, umziehen, lecker Hähnchen essen und ab zum nächsten Spiel zur Großleinwand düsen. Leider ist die Schweiz rausgeflogen. Was wäre das für ein schönes Spiel gewesen: Italien gegen die Schweiz. Aber jetzt putzen wir am Freitag die Ukraine und die anderen wir putzen hoffentlich Argentinien, damit Deutschland und Italien im Halbfinale und einer von den Beiden im Finale steht! Aber wenn man die beiden Teams so vergleicht, spielen wir (haha, kleiner Scherz, ich meine aber Deutschland) besser als wir (Italien). Deswegen werden wir auch Weltmeister!

Francesco ist jetzt endgültig nicht mehr mit Giuglia zusammen. Das hat er mir heute Nacht erzählt. Aber heute hat er trotzdem keine Zeit. Dafür fahren wir morgen wieder ins Schwimmbad. Sehr schön. Und gleich haut Ghana Brasilien raus und danach die Spanier die Franzosen!

Unerwarteter Besuch

Was für eine Überraschung: Maurizia – meine andere Tante aus Arrezzo – und ihre Familie waren hier. Mena und Lorenzo hatten sie im IKEA getroffen – der heute offen hatte – und sie zur Cena eingeladen. Spontan und eine große Freude für mich. Und für sie bestimmt auch!

Heute Morgen hat mich Francesco um viertel vor zehn aus den Federn geholt. (Ich sollte ihm vielleicht sagen, dass er das erst ab zwanzig nach zehn darf) Scheinbar hat er meinen Ruf gestern Abend gehört, denn er fragte mich, ob ich Lust hätte mit ihm ins Schwimmbad zu gehen. „Moment, nicht ans Meer?“ – „Ach so, verstehe, die Giuglia kommt mit!“ Aha, die Giuglia kommt mit! Also war die letzte Nacht erfolgreich. (Für ihn jedenfalls) Wir waren dann in einem Schwimmbad direkt am Arno, das sich „Bellariva“ nennt. Es kostet 6,50 Euro Eintritt, was ich viel (aber die Italiener wenig) Eintritt fand, dafür dass es nur ein 50m- und ein Planschbecken für die Kinder hat. Dazu eine Liegewiese mit vielen Bäumen – sehr wichtig wegen dem Schatten! – ein paar Umkleidekabinen und Toiletten, und natürlich eine Bar, die Panini und Bibite verkaufen. Aber schön war es schon. Giuglia ist 26, also zwölf Jahre jünger als Francesco, und kann auch gut deutsch sprechen. Wir haben uns dann gegenseitig aus der Zeitung vorgelesen – die beiden Deutsch, ich Italienisch – sind natürlich schwimmen gegangen, haben viel in der Sonne gedöst (ich hab viel gelesen und geschrieben), Pingpong gespielt, und so einen herrlichen Tag im Schwimmbad verbracht. Dort war es zwar voll, aber es war trotzdem genug Platz, ungestört in der Sonne oder im Schatten zu liegen. Und die Hitze der Stadt (immerhin 39°) konnte man so nah am Wasser auch viel besser ertragen.

Nachdem mich die beiden dann nach Hause gebracht hatten – und zu Francesco weiterfuhren – kam ich hier in einem Backofen an. Über dreißig Grad hatten wir in der Wohnung. Da die Sonne schon weit genug gewandert war, öffnete ich alle Fenster und ließ die Ventilatoren laufen, damit sie sich wenigstens ein bisschen abkühlen konnte. Ich verdrückte mich in mein abgedunkeltes Zimmer und machte es mir auf meinem Sofa bequem. Gegen halb acht kamen auch Mena und Lorenzo zurück von seiner Mutter-? wo sie wie gesagt jeden Sonntag hingehen – und erzählten, dass sie auf dem Rückweg noch beim IKEA gewesen waren. Dort hatten sie, wie schon erwähnt, die Maurizia mitsamt Gianni (ihrem Mann), Andrea und Emanuele (die beiden kleineren von meinen drei Cousins) und den Mario (den Mann von der Bruna) getroffen. Was für ein lustiger Zufall. Sie kamen alle so zwischen acht und halb neun vorbei, und wir hatten eine spontane, aber trotzdem sehr ausgiebige Cena auf unserer Terrasse. Ich habe mich richtig gefreut, sie alle wieder zu sehen. Mittlerweile waren es immerhin schon fast zwei Jahre, dass wir uns nicht gesehen hatten. Es gab Risotto, Kartoffeln und Tomaten, Brot mit Aufschnitt, Fisch-Frikadellen, Salat, Eis, Obst, Limoncello, Wodka mit Pfirsich und Mena‘s favorite: Pfirsiche in Weißwein! und natürlich jede Menge zu erzählen. Meine Cousins haben jetzt Ferien (für drei Monate!) und freuen sich schon auf Sardinien im August, die Eltern renovieren die Wohnung, die Nonna macht Terz, der Marco (der Älteste) arbeitet in einem Auto-Grill und die Maurizia feiert am 12.07 ihren Geburtstag. Mein Handy hat leider kein Bluetooth, sonst hätte ich jetzt ein paar coole italienische Klingel-Sprüche darauf. So verging der Abend; irgendwann dösten Maurizia und Gianni – den der Lorenzo immer schön geärgert hatte – auf der Terrasse, Emmanuele alberte mit dem Lorenzo rum, Mena hatte mich und Andrea unter ihren Fittichen und Mario – dessen Bruna momentan in Rom weilt – lehnte lässig am Geländer und war mental schon bei seiner Prüfung morgen. Er ist nämlich gerade dabei, ein Studium – ich hab vergessen, was – zu beenden. Dabei könnten seine Kommilitonen seine Kinder sein, und sein Professor sein kleiner Bruder, meinte er heute Abend.

Und was habe ich mal wieder vergessen? Ja, richtig: Foto machen. MANN! Morgen will ich den ersten Film zum entwickeln bringen, aber ich muss noch zwei, drei Fotos verballern. Schau‘n mer mal! A domani!

San Giovanni

Ich sterbe bald! Es ist wirklich so heiß hier, dass man es kaum noch ertragen kann. Selbst Mena und Lorenzo, die eigentlich an dieses Wetter gewöhnt sein müssten, sagen, dass ihnen das Wetter zu schaffen macht. Heute Nachmittag haben sie sich nur in die abgedunkelte Wohnung gelegt und haben Fernsehen geguckt und geschlafen. Ich blöder deutscher Tourist bin natürlich in die brütende Hitze nach draußen gegangen und habe Deutschland angefeuert! Aber erstmal kommt Freitag!

Gestern bin ich im Schwimmbad gewesen. Hier direkt um die Ecke gibt es ein – wie soll ich sagen – Freizeitgelände. Dort gibt es eine Sporthalle, in der man Fußball und Tennis spielen kann, ein Bocciodromo (Boccia- Bahnen), eine Muckibude, einen kleinen Park, und eben auch ein kleines Schwimmbad, in dem im Sommer abends auch ein Open-Air-Kino stattfindet (Das werde ich wohl nächste Woche mal austesten). Das Gelände ist vielleicht so groß wie ein Häuserblock und auch mitten im Viertel, aber trotzdem sehr einladend und gemütlich. Das Schwimmbad hat nur ein Becken, also bin ich nicht viel geschwommen, aber ich hab mir ein schönes schattiges Plätzchen gesucht, wo ich Musik gehört und gelesen und geschrieben habe. Da war ich dann von fünf bis halb acht, nachdem ich mit Mena und Lorenzo noch eingekauft hatte. Zum Abendessen gab es gebackenen Lachs mit selbst gemachten Pommes Frites und gebratenen Peperoni. Hm! sehr lecker. Meine Tante kann wirklich gut kochen.

Abends hab ich dann noch das Frankreich-Spiel geguckt und bin mit Francesco und ein paar anderen Leuten auf den Piazzale Michelangelo hinauf gelaufen, wo wir etwas getrunken und lange gequatscht haben. Erst nachts kühlt es etwas ab – ich habe während dem Spiel wirklich noch geschwitzt, obwohl ich nur ein dünnes kurzes Hemd und Sandalen anhatte – so dass man wieder etwas wacher und aktiver wird. Deshalb sind auch die kleinen Kinder noch sehr lange wach und spielen draußen. Um zwei haben dann alle Kioske zugemacht und wir sind in die Stadt weitergelaufen, wo aber auch schon alles zu war. Also wieder McD, weil ich Hunger und vor allem Durst hatte. Und so gab es nur zwei Hamburger und nen großen Eistee. Lieber wären mir natürlich ein Panino und ein Wodka-Lemon gewesen, aber man kann eben nicht immer alles haben. Wir hätten natürlich noch in die Disko gehen können, aber die Leute sind wie gesagt schon etwas älter und wollten dann doch mal ins Bett. Francesco hat mir aber versprochen mal mit mir in eine der Diskos in den Cascine zu gehen. Vielleicht nächstes Wochenende…

Heute gab‘s auch keine Disko, deswegen bin ich auch noch schnell am Compi. Heute ist nämlich San Giovanni, das Fest des heiligen Johannes (Täufer oder Evangelist? Ich weiß es nicht), dem Stadtpatronen von Florenz. Der größte Feiertag im Jahr für die Florentiner. Dementsprechend voll war die Stadt. Fast eine halbe Stunde kam ich zu spät zur Leinwand (nachdem ich fast bis um zwei geschlafen hatte) und verpasste somit die beiden wunderschönen Tore von uns Prinz Poldi. Der spielt wirklich von Spiel zu Spiel besser. Wer weiß, vielleicht wird der noch Torschützenkönig und kriegt den goldenen Stollenschuh. Es war mal wieder so heiß, dass ich im nu die anderthalb Liter Wasser und den halben Liter Bier intus hatte, obwohl ich einen schönen Platz im Schatten gefunden hatte. Die Stimmung war auch gut – natürlich bei Weitem weniger als beim Italien-Spiel am Donnerstag – und die wenigen schwedischen Touristen nahmen‘s auch gelassen, während wir Deutschen ausgiebig feierten. Ich hatte übrigens wieder die Gruppe aus der Sprachschule getroffen und der Ösi saß auch wieder in der Nähe, also musste ich nicht alleine jubeln.

Danach gönnten wir uns ein Stück Pizza und ein Sieges-Bier und setzten uns ein bisschen in den Schatten der alten Stadtmauer dort in der Nähe. Die Pizza hatten wir von demselben Forno (Ofen, so nennt sich dieser Pizza- und Brotbäcker), wie nach dem Italien-Spiel. Sie ist wirklich sehr gut und kostet für Florentiner Verhältnisse richtig wenig. Hab diesmal auch ein Foto gemacht. A propos Foto: Ich vergesse andauernd, Fotos zu machen, das tut mir wirklich leid. Ich habe den Apparat fast immer dabei, aber er bleibt meistens in der Tasche. Menno! Aber um auf das Sieges-Bier zurückzukommen. Wir saßen also im Schatten und redeten ein bisschen über die italienische Sprache, da schaute ich auf die Uhr, und musste mit Entsetzten feststellen, dass es schon halb acht war! Ah! Wir waren doch schon um halb neun zur Cena verabredet. Ich hatte ganz vergessen, dass das Spiel ja erst um fünf angefangen hatte – wie sollte es mir auch auffallen, es war heiß wie mittags um zwölf! – und so verabschiedete ich mich schnell und wetzte zur Haltestelle, währenddessen ich meine Tante anrief. Sie nahm es wie immer sehr gelassen, aber ich schaffte es trotzdem irgendwie, schon um viertel nach acht zu Hause zu sein – und ein Mädchen aus Augsburg im Bus kennen zu lernen, die mit ihrem italienischen Barkeeper-Freund seit drei Jahren in Florenz wohnt und hier Restauration studiert. Die Dusche konnte ich mir schenken, dafür war leider keine Zeit mehr, aber für eine Katzenwäsche und einen Klamottenwechsel reichte es noch (Das schöne Deutschland-Trikot war total durchgeschwitzt, obwohl ich es nur auf dem Hin- und Rückweg anhatte; während dem Spiel ging es nur oben ohne).

Zur Cena waren wir bei der Schwester (Cristina) eines guten Freundes (Franco) von Lorenzo eingeladen. Sie wohnt am Rande des Zentrums am englischen Friedhof (zwischen Punkt 3 und 9 auf der Karte) auch in einer Dachwohnung mit riesiger Dachterrasse, auf der auch das üppige Festessen stattfand. Jeder Gast brachte etwas mit (die Mena hatte einen Salat gemacht) und so gab es wie immer reichlich zu essen und auch wie immer viel Obst, Caffè und Limoncello (diesmal die cremige Variante) hinterher. Wir waren ca. 15 Leute, hauptsächlich deren Familie – endlich war auch mal meine Generation vertreten, unter anderem ein Informations-Technik(IT)-Ingenieur) – und wir hatten einen wirklich lustigen Abend hoch über der Stadt, wo wir von Politik bis Liebe alle Gesprächsthemen auf dem Tisch hatten. Höhepunkt des Ganzen war aber das gigantische Feuerwerk zu Ehren San Giovannis, das zwischen zehn und halb elf vom Piazzale Michelangelo abgefeuert wurde. Von unserem Standpunkt aus hatten wir ein tolles Panorama über die illuminierte Altstadt und die riesigen Feuerblumen über ihren Dächern. Ich würde behaupten, dass es noch etwas größer als Rhein in Flammen war, aber zumindest vergleichbar, damit ihr eine Dimension habt. Durch die topographischen Gegebenheiten (Abfeuern von einem Berg) erschien es natürlich noch spektakulärer!

Gegen eins löste sich die Gesellschaft dann allmählich auf und wir fuhren nach Hause. Ich überlegte noch kurz, in die Stadt zu gehen, aber erstens war ich gestern schon sehr lange weg (und wer weiß, vielleicht kann sich Francesco morgen ja von seiner (Ex?-) Freundin Giulia lösen, mit der er heute das romantische Feuerwerk (drinnen oder draußen?) zusammen erlebt hat, und wir fahren wieder ans Meer?), und zweitens wäre ich alleine gewesen, und ich hatte keine Lust, schon wieder nur Amerikaner kennen zu lernen. An die Florentiner kommt man als Außenstehender nicht so einfach ran, sie sind ziemlich distanziert, auch wenn sie eigentlich sehr freundlich sind. Nur über Bekannte (so wie ich mit Francesco) kann man sie kennen lernen. Meine Tante hat mir erzählt, dass sie ganz viele Aktivitäten (Fitness-Studio, Tanzschule, Malkurs…) besucht hat, als sie neu in Florenz war, nur um andere Menschen kennen zu lernen. In Rom wäre das viel einfacher. Da müsste man nur in eine Bar gehen, da lernt man schon ne Hand voll echter Römer kennen. Hier sind es eben nur Amerikaner, die man kennen lernt. Und noch etwas habe ich beobachtet. Es gibt hier keine Singles über zwanzig. Vielleicht später wieder. Aber in meinem Alter geht es einfach nicht, dass man keine feste Beziehung hat. Da ist man lieber mit irgendwem zusammen, als allein zu sein. Für die Italiener war es auch total unverständlich, dass ich seit sieben Jahren alleine wohne, egal ob ich eine Freundin hatte oder nicht. Entweder bei Mama, oder bei einer Frau, aber alleine geht nicht. Wer kocht denn dann bitte schön für mich und kümmert sich um mich? Also, geht nicht!

Francesco, bitte melden, ich will ans Meer! Die Stadt ist viel zu heiß, und ins Schwimmbad geh ich besser unter der Woche, wenn es nicht so voll ist.

Lampredotto

So, langsam komme ich wieder in den Rhythmus! Nachdem es schon Beschwerden gegeben hatte! Aber gestern war einfach keine Zeit, um mich an den Computer setzen zu können. Das Deutschland-Spiel am Dienstag war auch schon so früh. Also da vor der Leinwand kriegt man echt die volle Sonne ab. So früh draußen ist echt nicht gesund. Heute auch wieder beim Italien-Spiel, aber dazu später mehr!

Gestern (also Mittwoch) habe ich mir das berühmte Florentiner Lampredotto zum Mittagessen geholt. Ich hatte Montag oder Dienstag Mittag die Nachrichten gesehen (jawohl, auf Italienisch) und da haben sie eine Rubrik, die sich „Eat-Parade“ nennt. (Das ist ein kleines Wortspiel, weil die Italiener kein H aussprechen können. Deshalb klingt es bei einem Italiener gleich, wenn er „Hit-Parade“ und wenn er „Eat-Parade“ sagt. Also ungefähr so: >> Iiht-Parahde <<) Da stellen sie jedes Mal ein anderes Gericht vor, und eben an diesem Tag das Lampredotto.

Also ich muss jetzt einen neuen Absatz anfangen. Das hätte ich nicht geglaubt! Ich habe gerade im Internet nachgeguckt, ob es was darüber gibt, damit ich mal ein Foto, oder ein Rezept geben kann. Da haben sie wirklich eine eigene Seite (www.lampredotto.com), wo sie das Lampredotto und andere toskanische Gerichte vorstellen. (Das wäre so ungefähr wie www.doener.de – oh nein, das gibt es wirklich, aber es heißt www.doener365.de – 365 Döner hat das Jahr) Also, am besten löse ich das Geheimnis jetzt auf, auch wenn wahrscheinlich nicht jedem von euch das Wasser im Munde zusammenlaufen wird. Wikipedia beschreibt es so:

„Lampredotto ist eine kulinarische Spezialität aus der toskanischen Stadt Florenz. Das Gericht ist mit den Kutteln (ital. Trippa) verwandt, besteht jedoch nicht wie diese aus Pansen, Netz- und Blättermagen, sondern aus dem dunkleren und zarteren Labmagen des Rindes.

Die kulinarische Verwendung dieser Innerei beschränkt sich in Italien fast ausschließlich auf die Stadt Florenz. Dort wird Lampredotto traditionell von den Kuttelverkäufern (trippai), neben den Hauptgericht Kutteln auf Florentiner Art (trippa alla fiorentina), als Zwischenmahlzeit angeboten. Der Labmagen wird in einer Brühe gekocht, klein geschnitten und in runden Brötchen angeboten. Als Würze kann man in der Regel zwischen grüner Kräutersauce oder scharfer Sauce wählen. Ein guter Begleiter ist ein Glas junger Chiantiwein.

In der Florentiner Innenstadt gibt es heute allerdings nicht mehr viele Kuttelverkäufer. Lampredotto kann man in und neben der Markthalle bei San Lorenzo genießen, sonst findet man Kuttelverkäufer eher in den Vororten von Florenz.“

Ich habe mein wirklich sehr gut schmeckendes Lampredotto bei „Aurelio – il re del lampredotto“, einem Imbisswagen auf der Piazza Tanucci gleich um die Ecke im Brötchen gekauft und auf der Terrasse im Sonnenschein – allerdings mit einem Bier – verputzt. (Also nein, das gibt es wirklich nicht: Mein blöder Lampredotto-König hat auch seine eigene Homepage (www.lampredottoaurelio.it) und die ist auch noch als einzige bei Wikipedia angegeben. Wenn ihr mal darauf geht, seht ihr auch mal eine kleine Karte von meinem Stadtviertel hier. Ich wohne in der Via Corridoni) So, und hier noch zwei Bilder: (Der Imbisswagen und ein Lampredotto im Brötchen)

So, genug Lampredotto. Das war eh innerhalb von fünf Minuten verspeist! Der eigentliche Grund, warum ich gestern keine Zeit zum Schreiben hatte, war Francesco. Er hatte mich nämlich mit seinen Freunden zu einem Aperitivo mitgenommen. (Ich wusste auch nicht, was das war) Also ein Aperitivo ist nicht etwa ein Drink vor dem Essen (obwohl das normalerweise der Fall ist), sondern viele Drinks während dem Essen. Aber eigentlich war es ein riesiges Stadtfest in einem Ort namens Fucecchio, etwa 50 km Richtung Pisa. Francesco arbeitet nämlich ehrenamtlich für einen Verein, bei dem Immigranten kostenlos Italienisch lernen können, und ein paar Leute (eine kleine Swing-Combo, zwei DJs und ein VJ) aus diesem Verein haben dort am Abend eine (wirklich beeindruckende) Performance gehabt. Die waren richtig gut, aber auch das restliche Programm war nicht schlecht. Da war wirklich für Jung und Alt was dabei: Kletterwand, Beach-Volleyball, Fun-Park für BMX, Rollerskates und Skateboard, viele Live-Bühnen, Marktstände, Handwerker und natürlich jede Menge Fress- und Saufbuden. Das Ganze fand in der Mitte einer Pferderennbahn statt, so war also wirklich genug Platz für die vielen Hundert Menschen, die da waren. Und komischerweise gab es da auch die WM-Spiele auf Großleinwand zu sehen. Da blieben wir wirklich lange und aßen und tranken ne ganze Menge, und tanzten sogar ein bisschen zur Swing-Musik. Und ich Blöd hab natürlich meinen Fotoapparat zu Hause vergessen. Man kann halt nicht alles haben im Leben…

Das ist übrigens der offizielle Flyer der Veranstaltung:

Und heute wollten wir eigentlich zusammen ins Schwimmbad gehen (Francesco hat sich sogar frei genommen), aber er hat scheinbar verschlafen, oder vielleicht ging es ihm nicht gut, weil seine Ex-Freundin gestern dabei war. (Mit der ist ja erst seit anderthalb Wochen Schluss) Wer weiß das schon? Vielleicht sagt er es mir ja später oder morgen…

Am Meer

Ein unglaublich schöner Tag. Francesco hat mich gegen elf abgeholt – er war um halb zwölf da. Bei den Italienern ist es nämlich so: Man sagt nicht: „Ich hol‘ dich um elf ab“, man sagt: „Ich hol‘ dich mehr oder weniger um elf ab.“ (Ti prendo alle undici, più o meno.) Also hab ich in Ruhe noch meinen Milchkaffee getrunken und mein Schoko-Müsli gegessen und dann sind wir gefahren. Na ja, erstmal sind wir noch in Florenz an einen Auto-Grill gefahren, damit der Francesco seinen zweiten Caffè trinken und seine ich-weiß-nicht-wie-vielte Zigarette rauchen konnte. Ich hab mich mit ner Cola begnügt.

Von Florenz bis zum Meer sind es knapp 100 km. Bei Empoli (eine Viertelstunde von Florenz) wurde angezeigt, dass auf dem Weg nach Pisa eine Baustelle sei und es dort ca. 7 km Stop-and-Go geben wird. Also sind ALLE Italiener inkl. uns eine Ausfahrt vorher raus gefahren, um die Stelle zu umfahren. Mit dem Resultat, das wir ungefähr 10 km Stop-and-Go hatten. Wieder auf der Bundesstraße zurück – die Autobahn muss man schließlich bezahlen – riefen dann die beiden Freundinnen von Francesco an. Sie waren mittlerweile auch unterwegs und so verabredeten wir uns an einem weiteren AutoGrill kurz vor Pisa. Da es auch schon kurz vor eins war, aßen wir ne Kleinigkeit und fuhren dann weiter Richtung Meer.

Dummerweise sagte ich, dass ich nach dem Essen einen Caffè vertragen könnte – ich hatte da an eine nette Strandbar gedacht – und so fuhren wir umgehend in die nächste Bar. Es ist unglaublich, wie viel man in Deutschland für Kaffee bezahlt. Mal abgesehen von den Touristenzonen in den großen Städten zahlt man hier maximal einen Euro für einen Cappuccino. Dort zahlte ich nur 85 Cent! Und der schmeckt hier richtig gut. Mit aufgedampfter Milch und frisch gemahlenem Espresso.

Endlich Meer. Nach ein paar Runden, um einen kostenlosen Parkplatz zu finden, fanden wir ein schönes Plätzchen an einem öffentlichen Strand. Der größte Teil der Küste ist nämlich in privater Hand. Hier reihen sich tausende Sonnenschirme und Strandliegen, die man für teuer Geld mieten kann – wo dann allerdings nur eine handvoll Menschen liegen. Nur alle paar hundert Meter gibt es kleine Abschnitte, die zur freien Verfügung stehen. Na, wenigstens kann man die ganze Küste entlang am Meer spazieren gehen. Da lob‘ ich mir doch Sardinien. Da gibt es die schönsten Strände noch völlig unberührt, höchstens ne Strandbar mit Dusche gibt es da.

Die eine Freundin – Sylvia – stellte sich als Francescos romanzata heraus. Also muss ich nicht weiter spekulieren. Wir verbrachten einen sehr gemütlichen Nachmittag am Strand. Viel Sonne, Baden, Lesen, ein Eis, ein ausgiebiger Spaziergang und viel Faulenzen. Ich merke mal wieder, dass man eine Sprache wirklich am besten im Land selber lernt. Wo lernt man sonst so schöne Worte wie una canna (ein Joint) oder il ex-marito (der Ex-Ehemann), oder so schöne Sprichwörter wie un cavallo donato non si guarda nella bocca (Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul)?

Die beiden Mädels ließen wir dann am Strand zurück, schließlich wollten wir das Italien-Spiel gucken. Nach einer unaufregenden Rückfahrt, die ich schlummernd auf dem Beifahrersitz verbrachte – die Sonne und das Meer machen ganz schön müde – brachte mich Francesco nach Hause, wo ich schnell duschte und mir noch zwei Brote und was Süßes rein pfiff. Ich hatte mächtig Kohldampf und hoffte, dass es bei Francescos Freunden noch ein paar Chips zum Knabbern geben würde. Francesco holte mich dann kurz vor neun ab, und wir düsten über ausgestorbene Straßen zu unseren Gastgebern. Wo hatte ich gedacht, dass ich bin? Warum hatte ich diese beiden Brote gegessen? Wir waren zwar nur zum Fußballgucken verabredet, aber die Gastgeber – auch Arbeitskollegen von der Bruna – hatten ne kleine Party draus gemacht und es gab natürlich all die bekannten piatti: Salat, Nudeln, gefüllte Teigtaschen, süßes Gebäck mit Ananas und einen Likör zum abrunden. Und Chips natürlich auch. Ach so, und Fußball gab es übrigens auch. Italien hat miserabel gespielt und den USA ein Unentschieden geschenkt.