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Rückfahrt

Freitag der 13. ist eigentlich kein schlechtes Omen für mich. Aber man könnte fast diesen Aberglauben für meine Odyssee verantwortlich machen, die ich zum Abschluss meines Urlaubs heute erleben musste.

Nach dem Frühstück ging ich der Tradition folgend wieder Joggen. Diesmal lief ich wieder nach Lobbe, aber danach weiter nach Südosten an der Küste entlang. Nach ungefähr einer halben Stunde kehrte ich einfach um, ohne ein bestimmtes Ziel erreicht zu haben. Man muss es ja nicht total übertreiben.

Das Hotel war echt kulant. Ich hatte mir eine Busverbindung um halb eins herausgesucht und man gestattete mir, erst um zwölf auszuchecken. So musste ich mich nach dem Laufen nicht stressen und konnte in Ruhe noch mein Dehn- und Bauchprogramm durchziehen und meinen Kreislauf abkühlen. Ansonsten schwitzt man selbst nach dem Duschen immer noch so lange nach.

Das Auskunftsprogramm der Deutschen Bahn ist für die Tonne! Sonst hätte es mir auch angezeigt, dass es einen direkten Bus von Göhren nach Bergen gibt, der schon um zwanzig nach zwölf fährt. Den sah ich gerade abfahren, als ich zur Haltestelle ging. Mit dem Bus um Halb musste ich umsteigen und hatte kaum Zeit, mir in Bergen noch ein Ticket kaufen zu können.

Als ich an der Haltestelle auf meinen Bus wartete, erkannte ich, dass freitags tatsächlich Liefertag auf Rügen sein muss. Im ganzen Ort tummelten sich Lkw, die die ganzen Hotels, Restaurants, Geschäfte usw. belieferten. Dementsprechend voll waren die Straßen auf Rügen und so kam es, dass mein Bus erst mit zehn Minuten Verspätung in Göhren eintraf. Bei sieben Minuten Umsteigezeit in Bergen wurde es eng…

Am Umsteigeplatz wartete schon der weiterführende Bus auf uns. Ich fragte den Busfahrer, ob wir den Zug nach Rostock noch bekommen würden. Er fragte, wann dieser fahren würde und versprach mir, sein Bestes zu geben. „Was kommt ihr auch so spät.“ War sein Kommentar. Eine Minute vor Abfahrt erreichten wir Bergen. Ich dankte dem Busfahrer für sein Bemühen und hechtete in den Bahnhof. Der Zug war schon am Horizont zu erkennen. Ich brauchte noch ein Ticket und musste auf den anderen Bahnsteig gelangen, bevor der Zug abfuhr.

Der Automat brauchte eine gefühlte Ewigkeit um mein Ticket zu produzieren. Währenddessen fuhr der Zug ein und leider auch schon wieder aus. Also eine Stunde auf den nächsten warten. Ich kaufte mir beim Bäcker einen Streuseltaler und den aktuellen Stern. So verging die Stunde bei schönstem Sonnenschein auf Bahnsteig 2 mit frischem Gebäck und informativer Lektüre.

Ich checkte zwischendurch meine geänderte Reiseverbindung. Um diese Uhrzeit gab es schon von Stralsund einen IC nach Hamburg, so dass ich nicht in Rostock umsteigen musste und da der IC in Stralsund startete, hatte ich auch noch freie Platzwahl. Glück im Unglück heißt es doch so treffend.

In Hamburg legte ich einen Zwischenstopp bei KFC ein. Inzwischen war es halb acht und mein Körper verlangte nach heißem, fettigen Essen. Lange hatte ich nicht Zeit bis zur Abfahrt nach Bonn, aber es reichte, um mich im Restaurant zum Essen hinsetzen zu können.

Am Bahnsteig traf mich allerdings der Schlag. In mehreren Reihen hintereinander warteten die Menschen auf meinen Zug! Und der hatte auch noch zwanzig Minuten Verspätung, weil er in Altona nicht rechtzeitig aufgestellt werden konnte. Willkommen bei der Deutschen Bahn! Ich hätte doch während meiner Umsteigezeit mit der S-Bahn nach Altona jetten sollen, dann hätte ich wenigstens wieder freie Platzwahl gehabt. Aber das Risiko, den Zug zu verpassen war zu hoch.

Ich ging zu dem Gleisabschnitt, an dem der Fahrradwaggon halten sollte. Hier standen deutlich weniger Menschen und es gab wieder Hoffnung auf einen Sitzplatz. Diesen bekam ich dann auch tatsächlich und sogar mein Nebenplatz blieb erstaunlicherweise frei, so dass ich mich ausbreiten konnte. Ich glaube, viele Menschen bleiben lieber in einem überfüllten Waggon stehen, als dass sie durch den Zug laufen, um evtl. noch einen Sitzplatz zu ergattern. Mein Glück!

Im Laufe der Fahrt leerte sich der Zug dann auch immer mehr, so dass ich entspannt in Bonn ankam. Morgen geht’s dann nach Holland zu meiner Schwester, aber das ist eine andere Geschichte…

Der große Kater

Was soll ich schreiben? Deutschland spielt nicht im Finale! Und hier war die Hölle los…

Dienstag war ich erst mit Francesco im Schwimmbad. Danach habe ich mich fein gemacht und wir sind nach Sesto Fiorentino – einem Vorort von Florenz – gefahren, wo die Leute von Francescos Verein in einem Park eine Leinwand mit Bar und Sitzen davor aufgebaut hatten. Vor, während und nach dem Spiel gab’s Musik –Swing, Canti Italiani und Ähnliches – und generell war da auch ganz gut was los. Ich hatte erwartet, dass es auch was zu essen gibt und hatte vorher noch nichts im Magen, aber sie hatten dort nur einen kleinen Aperitivo: Nachos, Oliven, saure Gürkchen, eingelegte Tomaten etc. Sehr lecker, aber nicht sehr sättigend, und ich brauchte doch eine Grundlage! Und die Longdrinks hatten es dort auch gut in sich!

Ich hatte mein Italien-Shirt drunter und das Deutschland-Trikot darüber angezogen. Francesco und ich waren dort die einzigen, die für Deutschland hielten. Ich hatte aber immer die guten Aktionen beider Mannschaften beklatscht – was mir das Gelaechter meiner Sitznachbarn einbrachte („Grande Cannavaro“ und „Super-Lehmann“) – während Francesco behauptete, er könne für diese Italienische Mannschaft nicht jubeln (zu viel Juve und Skandal im Spiel – Juve soll wahrscheinlich in die dritte Liga Zwangsabsteigen). Bis zur 119. Minute sah es so aus, als ob das Spiel meinem Empfinden entsprechen würde, und dann: PENG – PENG! Doppel-Klatsche! Grosso, Del Piero – aus! Ich war wirklich schockiert! Kein „It’s your Heimspiel“ mehr und kein 4. WM-Titel für Deutschland! Francesco war außer sich. Er trat einen Plastikstuhl so heftig, dass er bestimmt zwanzig Meter weit flog. Die Italiener konnten sich auch nicht mehr halten. Die DJs legten auf und wirklich alle (außer Francesco – selbst Giuglia konnte den armen Mann nicht trösten) tanzten wie verrückt auf dem Rasen herum und betranken sich an ihren Gefühlen.

Francesco montierte später seine Fahne trotzig an seinem Dachgepäckträger und fuhr mit uns in die Stadt. Das brachte uns in mehrere brenzlige Situationen, als alkoholisierte Italiener versuchten diese zu klauen und zu verbrennen. Zum Glück hatte ich mein Italien-Shirt an! Francesco fuhr erst Giuglia und ihre Cousinen nach Hause und ließ sich dann von mir überreden, noch ins Zentrum mitzukommen und den Italienischen Sieg zu feiern. Wir trafen uns mit den anderen Deutschen in einem Pub, tranken ein paar Longdrinks und zogen mit zig-tausenden jubelnden und grölenden Italienern durch die Straßen von Florenz. Francesco verabschiedete sich gegen halb drei (glaube ich), weil er gestern trotz allem arbeiten ging. Ich „musste“ bis 7 Uhr durchfeiern, weil um acht Handwerker zu uns kamen. Mit weiteren zwei Flaschen Weiß-Wein und genug feierfreudigen Menschen in der Stadt war das auch kein Problem.

Stark alkoholisiert trat ich gegen halb acht meinen Heimweg an. In den Bars frühstückte die arbeitende Bevölkerung und schüttelte nur den Kopf über einen mit glasigen Augen im Zickzack laufenden Tifoso, der – weil es schon so warm war – sein Italien-Shirt geschultert hatte und früh am Morgen seinen prächtigen Bauch der Öffentlichkeit präsentierte… Im Bus traf ich Marianna, unsere Putzfrau, die auch nur lachte, als ich ihr erzählte, warum ich so früh noch unterwegs war. Zu hause warteten auch schon die Handwerker auf mich. Ich ließ sie rein und legte mich auf die Couch, auf der ich innerhalb kürzester Zeit friedlich einschlummerte. Zum Glück schaute unser Nachbar ab und zu nach dem Rechten – ich war dazu nicht mehr in der Lage. Ach ja, und Mena rief gegen 9 an. Sie hatte sich Sorgen gemacht, weil ich noch nicht zurück war, als sie aus dem Haus ging. Sie hatte schon bei Bruna im Büro angerufen, und gefragt, ob der Francesco bei der Arbeit wär – sie arbeiten ja zusammen – und der hatte ihr zum Glück gesagt, dass sie sich keine Sorgen machen solle, mir würde es gut gehen.

Gegen 12 kam dann Marianna und ich konnte endlich ins Bett. Die Handwerker hauten um eins ab, ich schlief nur bis um zwei, und traf mich dann mit Francesco wieder im Schwimmbad, wo ich noch ein bisschen in der Sonne ratzte. Mir ging es den ganzen Tag lang so übel! Ich hatte einen Riesen-Kater und konnte bis zum Nachmittag keine feste Nahrung zu mir nehmen. Selbst der Konsum von kaltem, klaren Wasser bereitete mir ein flaues Gefühl im Magen. Aber ich hatte ja auch gut gebechert: Einen halben Liter Bier, insgesamt vier ganz schön ordentlich gemixte Wodka-Lemon und zum Schluss ungefähr noch eine Flasche Wein. Eine ungesunde Kombination!

Viel mehr war nicht. Doch! Ich hab endlich meine Fotos abholen können nach dem Schwimmbad. Sie waren tatsächlich fertig! Ich hab sie auch direkt eingescannt und stell sie gleich auch in die Galerie… Danach noch ein Abendessen bei Bruna und Mario mit interessanten Meeresfrüchten in der Pasta und Muscheln hinterher – ich weiß nicht, wieso mir da nicht wieder schlecht wurde, aber ich konnte das Alles ohne Probleme essen – und das zweite Halbfinalspiel auf Großleinwand. Schade, ich hätte gerne Portugal im Finale gesehen. Wer weiß jetzt, wie die WM ausgeht? Vorher war klar: Wir sind Weltmeister, aber jetzt? Kommt immer Alles anders als man denkt…

Jetzt sind wieder die Handwerker da, aber ich war ja früh im Bett und konnte ohne Probleme um 8 die Tür aufmachen. Ist erstmal nix mit innerem Wecker. Morgen vielleicht wieder…

So, eine Woche noch, Jungs und Mädels! Dann geht’s wieder zurück in die Heimat. Kein Lampredotto und kein dolce Vita mehr. Dann gibt’s wieder gute deutsche Kost und deutsche Ordnung. So wie ich nun einmal bin und ihr mich kennt 😉 Aber eins muss ich sagen: Die Italienische Bahn ist pünktlich. Trotz dolce Vita und akademischer Viertelstunde! Nicht so wie unsere DB…