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Studium und Arbeit

So, jetzt mal zu meinem Grund, warum ich überhaupt nach Darmstadt gezogen bin:

In Bratislava lief’s ja nicht so berauschend. Deshalb musste ich mir eine Alternative zur Doktorarbeit in der Slowakei suchen. Und da hatte ich dann schon im Frühling 2007 recherchiert, was es denn da für Angebote in Deutschland gibt. Mit nem FH-Diplom nicht so einfach. Die Möglichkeiten waren z.B. in München mit drei Aufnahmeprüfungen verteilt über ein Jahr in ausgewählten Fächern mit einem Schnitt von mindestens 2,5 an der TU promovieren, oder an einer Technischen Hochschule meiner Wahl ein Uni-Diplom machen. Na super, auf ein Diplom nochmal ein Diplom und vier Semester Vertiefung wiederholen. Ne, das wollte ich dann nicht…

Mein Kölner Prof machte mich dann allerdings darauf aufmerksam, dass viele Hochschulen mittlerweile in ihren Masterstudiengängen nicht mehr nur den klassischen Bauingenieur anbieten, sondern auch Fächerübergreifende Abschlüsse, wie z.B. Umweltingenieur, Infrastruktur-Ingenieur usw. Da müsste ich zwar auch noch einmal vier Semester Vertiefung machen, aber wenigstens in größtenteils neuen Fächern, ohne aber die Studienrichtung wechseln zu müssen. Also bewarb ich mich an diversen Hochschulen zwischen Hamburg und München und bekam die Zulassungsbescheinigung an drei FHs und einer TU, nämlich Darmstadt, an der der spektakulär klingende Master „Traffic and Transport“ angeboten wird. International, Fachgebietsübergreifend usw…

Meine Wirkungsstätten in Darmstadt

Also, nachdem ich im Sommer 2007 wieder in Bonn gelandet war und die Zusage von der TU Darmstadt hatte, machte ich mich auf die Suche nach einer Wohnung und einer Arbeit. Ich fand eine schnukkelige Suterrain-2-Zimmer-Wohnung im lieblichen Trautheim am Rande des Odenwalds, etwa drei Kilometer vom Campus und (leider) etwa neun Kilometer von meiner jetztigen Arbeitsstelle in der Nähe des Hauptbahnhofs entfernt gelegen. Eine Arbeitsstelle habe ich auch sofort gefunden. Zuerst bei R+T, einem Stadtplanungsbüro, und ab Juni 2008 beim ZIV, einem Verkehrsplanungsbüro. Alles weitere gibt’s auf meinem Profil bei Xing , da muss ich in diesem blog nicht noch mehr dazu schreiben…

Mittlerweile bin ich mit dem Studium so gut wie durch. Drei Semester habe ich schon hinter mich gebracht. Eins muss ich wohl noch pauken und ein letztes dann mit dem Schreiben meiner so genannten „Master-Thesis“ (Diplomarbeit) verbringen, so dass ich vermutlich bis Weihnachten meinen Master in der Tasche habe. Mal schauen, wie’s klappt…

Studium

Halli-hallo ihr Lieben!

Ich hab mir mal den Blog hier von Anfang an durchgelesen und musste mit Entsetzen feststellen, dass über mein Studium hier ja wirklich kaum etwas steht… Kein Wunder, dass ihr mich immer wieder gefragt habt, ob ich denn auch etwas anderes als Party hier mache… Also, jetzt mal einen Bericht über mein Studium…

Im Oktober habe ich auf Einladung des guten Prof. Bezaks hier in Bratislava mit meinem Studium angefangen. Erst hieß es, ich könnte mit meinem FH-Diplom sofort promovieren, dann hieß es, dass ich noch ein paar Scheine und eine kleine Master-Thesis schreiben sollte, während ich aber schon mit der Doktorarbeit anfangen könnte, und schließlich mache ich einen verkürzten Master, bevor ich dann in diesem Herbst mit einer Promotion anfangen darf. Verkürzt deshalb, weil ich die Scheine von Köln alle anerkannt bekommen habe, und lediglich noch ein paar Scheine machen muss, die in Köln nicht angeboten wurden.

Da ich ohne Slowakischkenntnisse hierhin gekommen bin, sollte dieses Studium komplett auf Deutsch sein, so dass Prof. Bezak – der fließend Deutsch spricht – 7 von den 12 Arbeiten betreuen wollte, den Rest bei Professoren, die zumindest ganz gut Deutsch können. Parallel dazu besuche ich zweimal die Woche einen Slowakischkurs, um hier zumindest ein bisschen kommunizieren zu können.

Bis Januar hatte der Bezak aber kaum Zeit für mich, so dass er mich lediglich in das normale Studienprogramm schickte, wobei ich im Wintersemester nur drei von meinen 12 Scheinen belegen konnte. Das hieß, dass ich in slowakischen Vorlesungen und Seminaren saß, und slowakische Aufgabenstellungen bekam, die ich gnädigerweise aber auf Deutsch bearbeiten durfte. Die drei Scheine, die ich individuell beim Bezak machen sollte, fanden nicht statt.

Wie ich irgendwann im Laufe des Semesters dann erfuhr, bestand jeder Schein nicht wie bei uns aus einer Klausur, sondern aus einem Projekt mit abschließender mündlicher Prüfung beim Professor. Der Bezak konnte mir vor Weihnachten leider noch nicht sagen, wann denn der Prüfungszeitraum ist, so dass ich meine Heimfahrten plante, ohne darauf Rücksicht zu nehmen. Natürlich genau während der Hälfte des Prüfungszeitraums. Die Slowaken hatten sich natürlich schon alle vor Weihnachten dafür angemeldet. Das hatte ich aber nicht mitbekommen, weil ich die letzten Wochen vor Weihnachten keine Vorlesungen und Seminare mehr besuchte, da ich dort schließlich nur eine 0-Prozentige Chance hatte, etwas zu verstehen. Im Januar, als ich vom Weihnachtsurlaub zurück kam, war der Bezak entsetzt, dass ich mich noch nicht für die Prüfungen angemeldet hatte. Ich fragte ihn, wo und wie ich das hätte machen sollen, worauf hin er mich glaube ich für dumm und unfähig erklärte. War ja auch ganz einfach. Man musste sich ja nur auf der slowakischen Homepage der STU auf die Anmeldungsseite durchklicken, sich dort mit Name und Passwort registrieren lassen und dann für die Prüfungen anmelden. Passwort? Ja, da müsste ich doch nur zu der ausschließlich slowakisch sprechenden Sekretärin gehen, und mir eins geben lassen. Dankeschön! Das Passwort habe ich übrigens bis heute nicht.

Also erst mal frustriert wieder nach Hause Arbeiten und Karneval feiern, um mich ein bisschen abzulenken. Als ich im März wieder kam, bekam ich den nächsten Anschiss vom Bezak. Was mir einfallen würde, so viel zu Hause zu sein. Das Semester hatte ja schließlich schon eine Woche angefangen. Na ja, von irgendetwas muss ich ja leben, auch wenn hier alles sehr günstig ist. Aber hier einen Job anzufangen ist ziemlich schwachsinnig bei Stundenlöhnen zwischen 1,50 und 2 Euro. Wenn ich da einen Tag gearbeitet habe, habe ich das Geld, was ich im Aggua in 1,5 Stunden verdiene. Er meinte, zu seiner Zeit hätten die Studenten nicht so viel Geld gebraucht und was ich mit dem vielen Geld denn machen würde… Hallo? Ich bin Diplom-Ingenieur und muss mir mit einem Slowaken ein 20m²-Zimmer ohne Küche und Balkon teilen, lebe auf einem sehr bescheidenen Level, und könnte ohne Unterstützung von zu Hause dieses Studium gar nicht absolvieren.

Egal, Ansichten eines alten Mannes… Jedenfalls bestand ich darauf, dass er sich wenigstens am Anfang des Sommersemesters – also im März – mal eine Stunde Zeit für mich nimmt, um einen Plan für die restlichen Scheine zu machen. Jetzt erfuhr ich auch, dass seit diesem Jahr die Diplomarbeit nicht am Ende des Semesters, sondern wie ein gewöhnlicher Schein im Laufe des Semesters geschrieben werden muss. Oh, ich hätte also schon damit anfangen müssen. Super Herr Bezak! Nachdem ich wusste, wer meine verantwortlichen Professoren waren, konnte ich mir dort die Übungen abholen. Die einzigen Projekte, die ich noch nicht habe, sind die von Herr Bezak. Ach ja, er wollte mich auch im Sommersemester wieder in slowakische Vorlesungen und Seminare stecken, wogegen ich mich aber geweigert habe. Jetzt hält er mich für faul. Er sagt, ich hätte die Hälfte der Scheine schon haben können, wenn ich jeden Tag um 9 in der Uni gewesen wäre, und regelmäßig am Unterricht teilgenommen hätte. Ach ja, das versprochene Büro in der Uni, habe ich natürlich nicht bekommen. Ich habe zwar die Möglichkeit, den Computerraum dort zu benutzen, aber auf den Computern dort ist kaum Software installiert und lässt sich auch von Nicht-Administratoren nicht installieren, und sie besitzen zudem keine deutsche Textverarbeitung (auch deinstalliert). Also arbeite ich hier, ist mir auch lieber…

Letzte Woche (April!) habe ich dann auch mal die Aufgabenstellung für meine Diplomarbeit bekommen, die am 18.5 fertig sein soll. Natürlich auf Slowakisch. ich habe mich bei ihm bedankt und ihn gefragt, wie er sich vorstellt, dass ich die bearbeiten soll, wenn ich nicht weiß, was ich machen soll. Er sagte mir, er hätte keine Zeit, mir das auf Deutsch zu übersetzen, er hätte schließlich Wichtigeres zu tun. Ich sollte mir einen Deutsch-sprechenden Studenten suchen, der mir das übersetzen kann. Und warum ich nicht schon längst Slowakisch könnte? Weil ich erst ein halbes Jahr hier bin? Aber er kennt ein paar Vietnamesen, die bereits nach drei Monaten slowakische Vorlesungen besucht hätten. Ich hab sogar schon vom ersten Tag slowakische Vorlesungen besucht, aber die werden so wenig verstanden haben wie ich…

Egal, nicht ärgern… Ich werd schauen, dass ich so viele Scheine wie möglich bis zum Sommer fertig habe, vielleicht sogar die Diplomarbeit. Wenn ich es schaffe, und der Bezak das noch unterstützt, habe ich dann einen Master-Titel und werde mich nach einem neuen Doktorvater umschauen. Am liebsten in der Slowakei, weil es mir hier sehr gut gefällt und ich wahrscheinlich ab September ein Stipendium kriege, aber ich werde mich auch in anderen Städten Europas, vor allem in Darmstadt und München, erkundigen, ob ich dort eine Möglichkeit habe. Ansonsten werde ich auch ohne abgeschlossenen Master meine Scheine von hier mitnehmen. Vielleicht finde ich einen Doktorvater, dem das reicht, ansonsten schaue ich, dass ich so viele Scheine wie möglich anerkannt kriege, um so schnell wie möglich woanders den Master zu erlangen und anschließend zu promovieren.

Wie auch immer es ausgeht, ich hatte und habe immer noch eine tolle Zeit hier. Das Studium ist nicht alles im Leben, auch wenn es gewisse Menschen anders sehen. Ich habe ganz tolle Menschen hier kennengelernt, habe gute und schlechte Erfahrungen gemacht und werde die Slowakei immer in guter Erinnerung bewahren.

Das klingt schon wie ein Abschied, obwohl es noch lange keiner ist, aber ich habe erst in den letzten Tagen realisieren können, wie meine Situation hier ist. Vorher habe ich mich immer sehr geärgert, dass ich hier gegen Wände laufe, mir ständig Knüppel zwischen die Beine geworfen werden – warum auch immer, das habe ich bis heute nicht verstanden – und nicht vorwärts komme, weil ich ein Ziel hatte, das ich nicht erreichen konnte. Ich bin sehr ehrgeizig und hochmotiviert hierhin gekommen, wollte viel erreichen und habe dieses Studium zu sehr in den Mittelpunkt rücken lassen. Jetzt sehe ich es sehr entspannt und habe keine Angst mehr, etwas nicht schaffen zu können. Die Zukunft hat noch viele Möglichkeiten für mich offen. Mit ein bisschen Gottvertrauen und ein bisschen Engagement von meiner Seite nehme ich den Lauf der Dinge jetzt ganz Kölsch:

„Et es wie et es“,
„Et kütt wie et kütt“ und
„Et hätt noch immer jot jejange“

Bratislava

Es geht los. Das nächste große Abenteuer in meinem Leben. Es heißt Bratislava und liegt etwa 1000km südöstlich von Köln. Hier werde ich voraussichtlich die nächsten drei Jahre mein Leben verbringen und an der Slowakisch-Technischen-Universität (STU) meine Doktorarbeit schreiben. Die Einladung dazu habe ich von meinem jetzigen Doktorvater Prof. Bystrik Bezak erhalten, nachdem ich als erster Kölner Bauingenieur-Student letztes Jahr im Rahmen einer neuen Kooperation zwischen den beiden Hochschulen bereits in meiner Diplomarbeit ein Projekt in Bratislava bearbeitet hatte.

Anfang Oktober bin ich erstmal mit dem Flugzeug hierhin gejettet, um mir ein Bild von meiner neuen Situation machen zu können. Ich habe hier dann auch direkt mein Zimmer im Studentenwohnheim „Bernolák“ bezogen, was ich zusammen mit einem slowakischen Doktoranden bewohne. Es ist etwas kleiner als meine Bude in Köln, aber vom Aufbau her identisch. Es hat jedoch keine Küche, die ist am Anfang des Ganges, so dass ich mir die beiden Herdplatten mit etwa 40 Studenten teilen muss. Das machte am Anfang aber gar nichts, denn ich hatte ja weder Geschirr noch sonstige Küchen-Utensilien dabei.

Mit Herrn Bezak besprach ich dann meinen Vorlesungsplan, da ich ja noch ein paar Scheine machen soll, um zusätzlich zu meinem Kölner Diplom auch den Bratislavischen Master in der Tasche zu haben. Der hatte ansonsten recht wenig Zeit für mich, da er ein echter Workaholic ist. Jeden Tag von sechs bis sechs in der Uni, und trotzdem kriegt er nicht alles geschafft! Sein Büro sieht aus, als hätte er einen Vertrag mit der Papier-Industrie…

Zwei meiner Vorlesungen – eigentlich Projekte, aber ich muss mir trotzdem noch ein paar Vorträge anhören – sind auf Slowakisch! Bei Prof. Nemcek verstehe ich kein Wort, obwohl er sehr nett ist, und er malt höchstens mal ein paar Bilder an die Tafel. Aber mein persönlicher deutsch-sprechender Assistent Viktor meint, dass selbst die Slowaken in dieser Vorlesung nichts verstehen würden, auch wenn sie die Worte verstehen. Sehr beruhigend! Ich weiss aber immerhin, dass es um Knotenpunkte geht. Momentan um Verbindungsstraßen an Autobahnkreuzen und Autobahn-Auf- und Abfahrten. Das tschechische Computerprogramm, dass er benutzt, für Studenten aber nicht zugänglich ist, stürzt andauernd ab, so dass wir zwischendurch auf Viktors Laptop Strip-Poker spielen. Zum Glück findet das Ganze Montags Nachmittags statt, so dass ich nicht in Versuchung gerate, diese spannende Vorlesung aus Versehen verschlafen zu können.

Das andere Projekt, dass ich auf Slowakisch zu absolvieren habe ist ein Computerprogramm, dass wir schreiben sollen. Als ich in der zweiten Woche zum ersten Mal dort auftauchte, waren die anderen schon in der vierten Woche. Die Professorin machte mich, nachdem ich mich bei ihr (auf Slowakisch!) vorgestellt hatte, erstmal dumm (auch auf Slowakisch!) an, warum ich erst jetzt auftauchen würde, wo denn meine Vorleistung wär, dass ich doch gar keine Chance mehr hätte, das Projekt noch erfolgreich zu absolvieren und ich vielleicht mal mit Herr Nemcek reden sollte und warf mich wieder aus dem Computerraum… (Ich hab natürlich kein Wort verstanden, aber Herr Bezak hat mir das nachher erzählt)

Also ging ich zu Herrn Nemcek, der natürlich nicht da war, und auch Herr Bezak war nicht da, und so wartete ich erstmal eine Stunde auf einen der Beiden. Die kamen dann auch etwa zur selben Zeit, ich berichtete kurz, und Herr Nemcek zeigte mir dann die Vorleistung, die im Semester zuvor behandelt wurden war. Es war eine Körnungs-Sieblinie, wie man sie im Beton- oder Asphaltbau braucht. Die hatten die Studenten durchgeführt und berechnet und sollten sie jetzt per Excel auch variabel und graphisch darstellen. Also gab er mir eine alte Rechnung eines Studenten mit und ich ging mit Herrn Bezak zu Frau Tomasikova. Er erklärte ihr dann den Sachverhalt und überredete sie, mir doch einen Rechner zur Verfügung zu stellen, obwohl nur noch ein halbe Stunde Zeit war und das der letzte Tag für dieses Projekt sein sollte.

Die gute Frau wusste nicht, dass ich schon als Grundschüler Computer programmiert habe und die Bau-Informatik-Vorlesung in Köln nicht besuchen brauchte, weil der Prof dort merkte, dass ich leicht unterfordert war. Ich möchte hier nicht prahlen, aber Computer sind ein Gebiet, in dem es Ü30s nun einmal schwer haben, weil es zu ihrer Kindheit noch keine Home-Computer gab! Die jetzigen U20s sind mir ja auch bei weitem Voraus, auch wenn mir die Bedienung sehr leicht fällt.

Kurz gesagt, ich war in zwanzig Minuten mit dem Programm fertig, was die gute Frau Tomasikova im Computerraum vor den anderen Studenten aber scheinbar nicht sehr berührte. Als ich aber eine halbe Stunde später beim Bystrik im Büro saß, kam sie herein, und redete sehr aufgewühlt auf Slowakisch mit diesem. Ich verstand immer nur: Dvadsat minuty, dvadsat minuty! (20 Minuten) Als sie ging, meinte der Bystrik nur, ich sollte nicht auf die Idee kommen jetzt mit erhobener Nase durch die Gegend zu laufen…