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Der Tag danach

Wie schon erwähnt, bin ich irgendwann nachmittags aus dem Bett gestiefelt. Mena war schon mittags von der Arbeit zurück, weil sie noch das Essen für den Abend vorbereiten wollte. Küche also besetzt, und ich hatte mächtig Kohldampf. Aber zum Glück gibt es ja „Aurelio – Il re di Lampredotto“ auf der Piazza Tanucci, und so holte ich mir ein Lampredotto-Brötchen und eine kleine Flasche Rotwein dazu. Ja, kein Bier mehr…

Eigentlich wollte ich ins Schwimmbad, aber der Schweinehund hat gesiegt, und die Wäsche wollte auch gewaschen und das Zimmer aufgeräumt werden, also blieb ich zu hause. So konnte ich dann ein bisschen Restalkohol abbauen und mich für den Abend ausruhen. (Mena feierte ihren Geburtstag nach) Um Fünf kam dann auch schon die Bruna, um ein bisschen beim Aufbauen zu helfen, und natürlich auch, um den Limoncello zu vollenden! Ja, zwanzig Tage um! Noch einen guten Schuss Zuckerwasser in den Zitronen-Alkohol, und fertig ist das lecker Gesöff. Und ich darf auch was mit nach Hause nehmen, da dürft ihr natürlich auch mal probieren.

Die anderen Gäste trudelten zwischen Sieben und Acht ein. Hauptsächlich meine Familie (Nonna, Tante + Familie, Daddy und Miriam) und ein paar Freunde. Francesco wurde auch eingeladen, und er hat sich sofort prächtig mit meinem Vater verstanden. (Kommen ja auch beide aus Rom) Nach einem typisch üppigen Buffet gab es Live-Musik der „Alt-69er“. Erst spielten mein Vater und Maurizia, dann Maurizia und mein Cousin Andrea, dann Francesco und Andrea, dann Francesco und Maurizia usw… aber immer gute, alte Italienische Schlager, so dass alle außer Miri und mir mitsingen konnten. Na ja, ein paar kannten wir dann doch, zumindest den Refrain. Ich bediente zusammen mit Mario die Percussions (Trommel und Kochtopf) und wir hatten einen lustigen Abend mit Wein, Weib und Gesang… (und einem frisch aus Deutschland importierten Fass Bier)

Um zwei war der Spaß dann vorbei. Die Gäste gingen nach Hause und wir räumten noch auf. War einfach: Es gab mal wieder Plastik-Geschirr und –Besteck. Am Mittwoch sehen wir uns alle auf Maurizias Geburtstag-Party wieder. Francesco darf auch kommen. Lustig…

Und jetzt fahre ich ins Schwimmbad!

Limoncello

Ich habe gestern vor lauter Lampredotto doch tatsächlich den Limoncello vergessen! Also, bevor ich am Mittwoch mit Francesco und seinen Leuten nach Fucecchio gefahren bin, war die Bruna hier, und wir haben zusammen Limoncello gemacht. Zumindest den ersten Schritt. Da haben wir etwa eine Stunde lang da gesessen, und haben 16 Zitronen geschält. Aber man darf nur die wirklich gelben Stücke nehmen, darin liegen nämlich die essenze, also die ätherischen Öle, woraus auch das Aufgussmittel gemacht wird. Das Rezept von der Mena (was ich noch bekomme) sieht 8 Zitronen pro Liter Alkohol vor. Dementsprechend verteilten wir die Zitronenschalen gleichmäßig auf 2 Liter 95%igen Alkohol. Die stellten wir dann in den dunklen Vorratsschrank und da zieht der Alkohol dann 20 Tage lang die essenze aus den Schalen. Danach, also gerade noch rechtzeitig bevor ich wieder fahren muss, kommt noch Zucker – wahrscheinlich ne ganze Menge – und je 1,5 Liter Wasser zum verdünnen hinzu, und fertig ist das köstliche Getränk. Sehr alkoholisch und sehr lecker!

Nach einer erneut durchzechten Nacht habe ich gestern dementsprechend nicht viel hinbekommen. Ich habe mich nach dem allvormittäglichen Frühstück erstmal ausführlich um die Beantwortung eurer doch zahlreichen Emails gekümmert. Es ist schon erstaunlich, dass ich jetzt, wo ich in einem anderen Land bin, einen viel intensiveren Kontakt zu vielen von Euch habe, als wenn ich zu Hause bin. Natürlich mache ich hier viele Dinge nicht, die ich zu Hause gerne tue: Musik, exzessives Computer-Spielen, Arbeiten natürlich, usw… aber ich verspüre schon das Bedürfnis, euch an meinen Erlebnissen teilhaben zu lassen. Vielleicht ändert sich das, wenn ich wirklich woanders anfange zu leben, und einen Alltag zu haben – aus den USA habe ich in 10 Monaten glaube ich auch nur 2 Briefe nach Deutschland geschrieben und auch nur ein paar Mal angerufen – wer weiß das schon? Che sarà, sarà!

Danach musste ich mich sputen (welch schönes Wort!) um pünktlich zum Anpfiff an der Großleinwand zu sein. Ah, endlich mal ein bisschen italienisches Fußballfieber! Ich erwischte nur noch einen Stehplatz in der prallen Sonne, aber der alimentari mit den gekühlten Getränken war ja zum Glück nicht weit. Viele Florentiner sind direkt von der Arbeit dahin gekommen, und so herrschte echt eine sehr gute Stimmung. (Ich habe endlich mal ein paar Fotos gemacht) Lustigerweise lernte ich in der Halbzeit im alimentari eine Frau aus Halle kennen (sie telefonierte mit einer Freundin auf Deutsch, sagte etwas Lustiges und ich musste lachen), die hier für zwei Wochen und teuer Geld eine Sprachschule besucht. Ich hab mich dann in der zweiten Halbzeit zu den Deutschen aus der Sprachschule auf die Wiese gesetzt. Hinter uns saßen noch ein paar Österreicher – es ist so lustig, einen lispelnden Ösi Italienisch sprechen zu hören („ma lui é sssemo“ – eigentlich scemo) – also doch nicht nur Florentiner da. Nach dem wirklich guten Spiel gab es dann auch mal einen Auto- und Roller- Korso zu sehen. Die Begeisterung hatte sich vorher wirklich ziemlich zurückgehalten. Vielleicht war es erstmal wichtig, dass die Azzurri ins Achtelfinale kommen, bevor die Italiener anfangen mit zu fiebern!

Abends wollte mich Francesco eigentlich noch auf irgendein Konzert mitnehmen, aber ich war echt zu müde, und ich wollte ja auch noch ein bisschen ins Internet. Die Hitze macht mich echt fertig – ich wollte das Brasilien-Spiel eigentlich auch draußen gucken, aber da war ich wirklich zu kaputt für. Eben habe ich in den Nachrichten gesehen, dass die Temperaturen schon wieder um 5 Grad nach oben klettern werden. In Süditalien haben sie schon über 40 Grad im Schatten, bei uns immerhin 33! Auch in der Wohnung haben wir konstant zwischen 25 und 28 Grad und ich kann nachts nur mit eingeschaltetem Ventilator nackt und ohne Decke schlafen. Vorausgesetzt die Mücken lassen mich schlafen. Aber mittlerweile habe ich mich an die alltäglichen Stiche gewöhnt. Nicht nur hier im Zimmer, sondern überall wo nachts noch Licht ist werde ich gestochen. Die Mücken hier kann ich wenigstens töten!

Gleich fahr ich ins Schwimmbad und heute Abend fliegt Frankreich aus der WM raus!

Das „wahre“ Zentrum

Gestern hab ich einen Gammeltag eingelegt. Ich hab lange geschlafen und das Frühstück ausfallen lassen. Mena und Lorenzo waren bei seiner Mutter, weil ihre Haushälterin sonntags frei hat. Ich hab mir ein paar Nudeln mit Hackfleischbällchen gemacht, und diese auf der Terrasse verspeist. Nach dem Essen hat meine Familie angerufen. Wir haben über eine halbe Stunde telefoniert und die neuesten Neuigkeiten ausgetauscht. Schön, dass es in Deutschland auch endlich richtig Sommer wird. Von vier bis sechs bin ich in meinem Zimmer verschwunden und hab gelesen und geschrieben (Tagebuch und Rollenspiel).

Zwischendurch schrieb ich ein paar SMS mit Francesco. Ich hab noch nicht raus gefunden, was eine Nachricht kostet, aber der Minutenpreis ins Festnetz und in alle italienische Mobilfunknetze liegt selbst mit der Prepaid-Karte nur bei 19 Cent/Minute; da kann ne SMS nicht viel kosten, zumal die Italiener recht viel schreiben. Obwohl das die Deutschen auch tun, und bei uns kosten SMS bis zu 39 Cent das Stück! Jedenfalls haben wir uns dann um halb sieben in der Stadt getroffen, haben ein Bierchen zusammen getrunken und einen Spaziergang durch das „wahre“ Zentrum gemacht. So nennt Francesco die etwas weniger Touristenbelastete Innenstadt auf der Südseite des Arnos. (Die meisten Sehenswürdigkeiten und die historische Altstadt befinden sich auf der Nordseite) Wir beide kommen sehr gut miteinander aus. Francesco sagt, dass ich ihm sehr gut tue. Seine Exfreundin hat ihn erst vor kurzem verlassen, da ist er um die Ablenkung froh, die er hat, wenn er mir Italienisch beibringt oder ich ihm Deutsch. Bis jetzt sieht das so aus: Entweder wir sprechen Italienisch. Dann korrigiert er mich und sagt mir ggf. die entsprechende Regel, wenn ich einen Fehler mache, oder er nennt mir eine Vokabel, wenn ich nicht weiter weiß. Oder aber wir sprechen Deutsch, dann läuft es genau anders herum ab. So wird das Lernen nie langweilig. Jetzt weiß ich auch was der Unterschied zwischen un passero (ein Spatz) und una passera (eine Mö**) ist. Aber das ist nicht ganz jugendfrei! Und die nennen hier einen Platz „Piazza della Passera“. Pfui Geier, des will ich gor nich wissen! Ja, pfui Geier, äh öh! (sagt der Ulkbär)

Dann musste ich mich auch schon sputen, denn um acht musste ich bei der Bruna zum Abendessen sein. Weil ich doch ein bisschen spät dran war, und ich die vier (Bruna, Mario, Mena, Lorenzo) nicht warten lassen wollte, rief ich von unterwegs an. Ich lauf ja hier überall zu Fuß hin – in den nächsten Tagen werd ich mir ein Fahrrad organisieren! Aber die Mena meinte nur, ich solle mir keine Sorgen machen, und der Anruf wäre doch gar nicht nötig gewesen, das Essen sei ja eh noch nicht fertig. Also es gab: frische Gurken und Tomaten, panierte Zucchini-Blüten, Schnitzel Wiener Art, dazu grüne Bohnen und Kartoffeln, als Nachtisch Obst (lecker Ananas und Melone) und Eis. Aber was für Eis! Feinste Pralinés von De Medici al gusto Pistacchio, Peperoncino (ja, wirklich), Cassata, Cioccolato, Fior di Latte… Schade, dass ich euch davon keine mitbringen kann! Und dazu natürlich Caffè und hausgemachten Limoncello. À propos hausgemachter Limoncello: Am Mittwoch kommt die Bruna hierhin und wir machen zusammen mit der Mena ein paar Liter von dem herrlichen Gesöff. Und davon werde ich definitiv ein Fläschchen mitbringen. Wie ihr euch denken könnt, ging das Ganze ein paar Stündchen und so kamen wir erst gegen halb eins wieder zu Hause an. Und von der aufregenden letzten Nacht erzähl ich später…