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Melancholie

Hallo ihr Lieben,

also ich habe bis zum Schluss kein Internet mehr im Bernolak gehabt.

Ich bin Mitte Juni dann mit meinem kleinen FIAT wieder in die Heimat gefahren und hatte dann hinter Nürnberg einen Platten, so dass ich von dort bis Bonn mit meinem Reserverad mit Tempo 80 fahren durfte. Egal, ich bin wohlbehalten wieder zu Hause angekommen und dann erst mal für zwei Wochen nach Malle.

Jetzt bin ich wieder für ein paar Tage hier – also in Bratislava. Gestern hab ich noch einmal im Radost aufgelegt und morgen geht’s auf ein Elektronik-Festival nach Trencin. Es ist unerträglich heiß. Am Wochenende soll es 40 Grad im Schatten geben! Unglaublich!

Wenn nichts weltbewegendes mehr passiert, oder ich keine Lust mehr bekommen sollte, über ein paar Dinge noch zu schreiben, verabschiede ich mich mit meinem Bratislava-Blog. Ich freu mich, euch alle in Bonn oder Köln wiederzusehen!

Studium

Halli-hallo ihr Lieben!

Ich hab mir mal den Blog hier von Anfang an durchgelesen und musste mit Entsetzen feststellen, dass über mein Studium hier ja wirklich kaum etwas steht… Kein Wunder, dass ihr mich immer wieder gefragt habt, ob ich denn auch etwas anderes als Party hier mache… Also, jetzt mal einen Bericht über mein Studium…

Im Oktober habe ich auf Einladung des guten Prof. Bezaks hier in Bratislava mit meinem Studium angefangen. Erst hieß es, ich könnte mit meinem FH-Diplom sofort promovieren, dann hieß es, dass ich noch ein paar Scheine und eine kleine Master-Thesis schreiben sollte, während ich aber schon mit der Doktorarbeit anfangen könnte, und schließlich mache ich einen verkürzten Master, bevor ich dann in diesem Herbst mit einer Promotion anfangen darf. Verkürzt deshalb, weil ich die Scheine von Köln alle anerkannt bekommen habe, und lediglich noch ein paar Scheine machen muss, die in Köln nicht angeboten wurden.

Da ich ohne Slowakischkenntnisse hierhin gekommen bin, sollte dieses Studium komplett auf Deutsch sein, so dass Prof. Bezak – der fließend Deutsch spricht – 7 von den 12 Arbeiten betreuen wollte, den Rest bei Professoren, die zumindest ganz gut Deutsch können. Parallel dazu besuche ich zweimal die Woche einen Slowakischkurs, um hier zumindest ein bisschen kommunizieren zu können.

Bis Januar hatte der Bezak aber kaum Zeit für mich, so dass er mich lediglich in das normale Studienprogramm schickte, wobei ich im Wintersemester nur drei von meinen 12 Scheinen belegen konnte. Das hieß, dass ich in slowakischen Vorlesungen und Seminaren saß, und slowakische Aufgabenstellungen bekam, die ich gnädigerweise aber auf Deutsch bearbeiten durfte. Die drei Scheine, die ich individuell beim Bezak machen sollte, fanden nicht statt.

Wie ich irgendwann im Laufe des Semesters dann erfuhr, bestand jeder Schein nicht wie bei uns aus einer Klausur, sondern aus einem Projekt mit abschließender mündlicher Prüfung beim Professor. Der Bezak konnte mir vor Weihnachten leider noch nicht sagen, wann denn der Prüfungszeitraum ist, so dass ich meine Heimfahrten plante, ohne darauf Rücksicht zu nehmen. Natürlich genau während der Hälfte des Prüfungszeitraums. Die Slowaken hatten sich natürlich schon alle vor Weihnachten dafür angemeldet. Das hatte ich aber nicht mitbekommen, weil ich die letzten Wochen vor Weihnachten keine Vorlesungen und Seminare mehr besuchte, da ich dort schließlich nur eine 0-Prozentige Chance hatte, etwas zu verstehen. Im Januar, als ich vom Weihnachtsurlaub zurück kam, war der Bezak entsetzt, dass ich mich noch nicht für die Prüfungen angemeldet hatte. Ich fragte ihn, wo und wie ich das hätte machen sollen, worauf hin er mich glaube ich für dumm und unfähig erklärte. War ja auch ganz einfach. Man musste sich ja nur auf der slowakischen Homepage der STU auf die Anmeldungsseite durchklicken, sich dort mit Name und Passwort registrieren lassen und dann für die Prüfungen anmelden. Passwort? Ja, da müsste ich doch nur zu der ausschließlich slowakisch sprechenden Sekretärin gehen, und mir eins geben lassen. Dankeschön! Das Passwort habe ich übrigens bis heute nicht.

Also erst mal frustriert wieder nach Hause Arbeiten und Karneval feiern, um mich ein bisschen abzulenken. Als ich im März wieder kam, bekam ich den nächsten Anschiss vom Bezak. Was mir einfallen würde, so viel zu Hause zu sein. Das Semester hatte ja schließlich schon eine Woche angefangen. Na ja, von irgendetwas muss ich ja leben, auch wenn hier alles sehr günstig ist. Aber hier einen Job anzufangen ist ziemlich schwachsinnig bei Stundenlöhnen zwischen 1,50 und 2 Euro. Wenn ich da einen Tag gearbeitet habe, habe ich das Geld, was ich im Aggua in 1,5 Stunden verdiene. Er meinte, zu seiner Zeit hätten die Studenten nicht so viel Geld gebraucht und was ich mit dem vielen Geld denn machen würde… Hallo? Ich bin Diplom-Ingenieur und muss mir mit einem Slowaken ein 20m²-Zimmer ohne Küche und Balkon teilen, lebe auf einem sehr bescheidenen Level, und könnte ohne Unterstützung von zu Hause dieses Studium gar nicht absolvieren.

Egal, Ansichten eines alten Mannes… Jedenfalls bestand ich darauf, dass er sich wenigstens am Anfang des Sommersemesters – also im März – mal eine Stunde Zeit für mich nimmt, um einen Plan für die restlichen Scheine zu machen. Jetzt erfuhr ich auch, dass seit diesem Jahr die Diplomarbeit nicht am Ende des Semesters, sondern wie ein gewöhnlicher Schein im Laufe des Semesters geschrieben werden muss. Oh, ich hätte also schon damit anfangen müssen. Super Herr Bezak! Nachdem ich wusste, wer meine verantwortlichen Professoren waren, konnte ich mir dort die Übungen abholen. Die einzigen Projekte, die ich noch nicht habe, sind die von Herr Bezak. Ach ja, er wollte mich auch im Sommersemester wieder in slowakische Vorlesungen und Seminare stecken, wogegen ich mich aber geweigert habe. Jetzt hält er mich für faul. Er sagt, ich hätte die Hälfte der Scheine schon haben können, wenn ich jeden Tag um 9 in der Uni gewesen wäre, und regelmäßig am Unterricht teilgenommen hätte. Ach ja, das versprochene Büro in der Uni, habe ich natürlich nicht bekommen. Ich habe zwar die Möglichkeit, den Computerraum dort zu benutzen, aber auf den Computern dort ist kaum Software installiert und lässt sich auch von Nicht-Administratoren nicht installieren, und sie besitzen zudem keine deutsche Textverarbeitung (auch deinstalliert). Also arbeite ich hier, ist mir auch lieber…

Letzte Woche (April!) habe ich dann auch mal die Aufgabenstellung für meine Diplomarbeit bekommen, die am 18.5 fertig sein soll. Natürlich auf Slowakisch. ich habe mich bei ihm bedankt und ihn gefragt, wie er sich vorstellt, dass ich die bearbeiten soll, wenn ich nicht weiß, was ich machen soll. Er sagte mir, er hätte keine Zeit, mir das auf Deutsch zu übersetzen, er hätte schließlich Wichtigeres zu tun. Ich sollte mir einen Deutsch-sprechenden Studenten suchen, der mir das übersetzen kann. Und warum ich nicht schon längst Slowakisch könnte? Weil ich erst ein halbes Jahr hier bin? Aber er kennt ein paar Vietnamesen, die bereits nach drei Monaten slowakische Vorlesungen besucht hätten. Ich hab sogar schon vom ersten Tag slowakische Vorlesungen besucht, aber die werden so wenig verstanden haben wie ich…

Egal, nicht ärgern… Ich werd schauen, dass ich so viele Scheine wie möglich bis zum Sommer fertig habe, vielleicht sogar die Diplomarbeit. Wenn ich es schaffe, und der Bezak das noch unterstützt, habe ich dann einen Master-Titel und werde mich nach einem neuen Doktorvater umschauen. Am liebsten in der Slowakei, weil es mir hier sehr gut gefällt und ich wahrscheinlich ab September ein Stipendium kriege, aber ich werde mich auch in anderen Städten Europas, vor allem in Darmstadt und München, erkundigen, ob ich dort eine Möglichkeit habe. Ansonsten werde ich auch ohne abgeschlossenen Master meine Scheine von hier mitnehmen. Vielleicht finde ich einen Doktorvater, dem das reicht, ansonsten schaue ich, dass ich so viele Scheine wie möglich anerkannt kriege, um so schnell wie möglich woanders den Master zu erlangen und anschließend zu promovieren.

Wie auch immer es ausgeht, ich hatte und habe immer noch eine tolle Zeit hier. Das Studium ist nicht alles im Leben, auch wenn es gewisse Menschen anders sehen. Ich habe ganz tolle Menschen hier kennengelernt, habe gute und schlechte Erfahrungen gemacht und werde die Slowakei immer in guter Erinnerung bewahren.

Das klingt schon wie ein Abschied, obwohl es noch lange keiner ist, aber ich habe erst in den letzten Tagen realisieren können, wie meine Situation hier ist. Vorher habe ich mich immer sehr geärgert, dass ich hier gegen Wände laufe, mir ständig Knüppel zwischen die Beine geworfen werden – warum auch immer, das habe ich bis heute nicht verstanden – und nicht vorwärts komme, weil ich ein Ziel hatte, das ich nicht erreichen konnte. Ich bin sehr ehrgeizig und hochmotiviert hierhin gekommen, wollte viel erreichen und habe dieses Studium zu sehr in den Mittelpunkt rücken lassen. Jetzt sehe ich es sehr entspannt und habe keine Angst mehr, etwas nicht schaffen zu können. Die Zukunft hat noch viele Möglichkeiten für mich offen. Mit ein bisschen Gottvertrauen und ein bisschen Engagement von meiner Seite nehme ich den Lauf der Dinge jetzt ganz Kölsch:

„Et es wie et es“,
„Et kütt wie et kütt“ und
„Et hätt noch immer jot jejange“

Winterschlaf vorbei

So, aufgewacht und mitgemacht…

Ich habe endlich wieder Internet im Wohnheim! Und das bedeutet: Neuer Blog, neues Glück…

Ja, also Weihnachten war ich natürlich zu Hause in Bonn bei meiner Familie, wo ich jetzt auch wieder wohne, wenn ich mich im Rheinland aufhalte. Das war schön… Nur Ruhe, lange ausschlafen, gutes Essen, ein bisschen spielen, Musik hören, lesen, Computer… Faul rumhängen halt… Zwischen den Tagen – wie man so schön sagt – habe ich dann mein angeschlagenes Konto durch Arbeit im Aggua wieder etwas aufgebessert. Ich will da echt nicht aufhören zu arbeiten. Es gefällt mir so gut dort… Mein lieber Prof. Bezak möchte am liebsten, dass ich gar nicht mehr während des Semesters nach Hause fahre, damit ich auch immer schön fleißig sein kann. Er denkt, dass das Leben nur aus richtiger Arbeit besteht und lehnt übermäßige Freizeit ab. Er kann auch nicht verstehen, wieso ich „so viel“ Geld hier brauche. Er meint, ich müsste doch locker mit 5000 Kronen (ca. 150 Euro) auskommen: 50 Euro für das Wohnheim, 50 fürs tägliche Leben und 50 für den Rest. Na ja, 50 Euro fürs Studentenwohnheim stimmt. Mit 50 Euro fürs tägliche Leben komme ich nicht wirklich hin; sagen wir mal 150. Und 50 Euro für den Rest? Soll das ein schlechter Witz sein? So viel kostet mich eine Tankfüllung – hier vielleicht ein bisschen weniger – aber da müsste ich schon auf sämtlichen Luxus verzichten. Und davon habe ich nun wirklich nicht viel…

Ja, die erste Januarwoche war schon sehr deprimierend… Ich bin schon vor Weihnachten mit einem schlechten Gefühl bezüglich meines Studiums aus der Slowakei nach Hause gekommen, konnte diese Sorgen aber aufgrund der schönen Atmosphäre im trauten Heim leicht verdrängen. In der ersten Januarwoche jedenfalls bekam ich richtige Winterdepressionen. Zu meinen Sorgen kam auch noch der traurige Fakt, dass ich mein über die Jahre so geliebtes Appartement in Köln auflösen musste, weil meine Eltern es jetzt verständlicherweise an jemand Anderen weiter vermieten, wo ich nicht mehr in Deutschland wohne. Und so stand ich dann zuletzt alleine in meinem leeren Zimmer mit all den schönen und bösen Erinnerungen und sehnte mich nach alten Zeiten zurück. Die unsichere Zukunft hier in Bratislava und das verlorene Heim in Köln machten mir doch zu schaffen…

Ich bin dann auch nur sehr widerwillig und mit einer Woche Verspätung in die Slowakei aufgebrochen. Mein Prof. war ein bisschen sauer, denn ich hatte erst die zwei Wochen vor Weihnachten nicht mehr in der Uni vorbei geschaut und ihn dann im neuen Jahr auch zwei Wochen schmoren lassen. Aber warum war er sauer? Er meinte ich wäre zu faul und wolle nur Freizeit haben, anstatt hier mal richtig rein zu hauen. Ich glaube, er blockt jegliche menschliche Regungen in ihm ab, warum auch immer. Als ich ihm meine Sorgen erläuterte, konnte er gar nicht auf meine Zukunftsängste eingehen, sondern hatte nur Angst, dass er mich im Sommer nicht als seinen persönlichen Assistenten anstellen kann. Dass ich viel aufgegeben habe und aufs Spiel setze für eine noch nicht ganz sichere Zukunft in einem fremden Land weit weg von Familie und Freunden, scheint er nicht zu realisieren.

Trotzdem war dieses Gespräch ein bisschen fruchtbar. Immerhin hat er sich mal ein paar Stunden für mich Zeit genommen, hat mir das slowakische Prüfungssystem erläutert, mir ein paar Materialien gegeben und mit mir zusammen einen Plan fürs nächste Semester ausgeheckt. Jetzt muss ich also bis nächste Woche meine – leider nur – drei Lehrfächer in je einem Projektbericht zusammenfassen, das Ganze absegnen lassen, und mich zu den Prüfungen anmelden. Und dann im Februar nach Hause fahren und Karneval feiern, bevor das neue Semester wieder losgeht, wo ich deshalb wahrscheinlich auch wieder zwei Wochen versäumen werde! Hihi…